Wohnungsknappheit

Weil Berlin zu teuer wird: Berliner Polizei startet verzweifelten Hilferuf

In Berlin gibt es kaum noch bezahlbare Wohnungen. Jetzt sollen sich Mitarbeiter der Polizei nach Quartieren für den zugezogenen Nachwuchs umschauen.

In Berlin entstehen viele teure Luxuswohnungen. Doch preiswerte Quartiere werden kaum gebaut.  
In Berlin entstehen viele teure Luxuswohnungen. Doch preiswerte Quartiere werden kaum gebaut. Gerd Engelsmann

Die Berliner Polizei leidet an Personalmangel. Auch geeignete Bewerber bleiben aus. Das liegt unter anderem daran, dass für Berufsanfänger in Berlin die Wohnungen fehlen. Die Lage ist so kritisch, dass die Polizeiführung einen verzweifelten Hilferuf verbreitete. Die rund 25.000 Mitarbeiter der Behörde mögen sich bitte in ihrem privaten Umfeld nach Wohnungen umschauen, heißt es in einem Schreiben, das in dieser Woche im behördeninternen Intranet verbreitet wurde.

„Ist Ihnen bekannt, dass von Zeit zu Zeit Wohnungen in Ihrer näheren Umgebung frei werden und neue Mieter einziehen?“, schreibt die Leiterin der Wohnungsfürsorge der Polizeiakademie. „Vielleicht ist es Ihnen möglich, bei Ihrem Vermieter vorzufühlen, ob er bereit wäre, Wohnungen an Nachwuchskräfte der Polizei zu vermieten?“, fragt sie weiter. „Gern würde ich dann Kontakt zu Ihrem Vermietenden aufnehmen und erfragen, ob es möglich ist, einer jungen Nachwuchskraft zum Ende der Ausbildung eine Wohnung zur Verfügung zu stellen. Ich würde mich dort persönlich vorstellen, um für unsere Sache zu werben.“

Im Frühjahr und im Herbst stellt die Berliner Polizei Anwärter und Studenten für den mittleren und für den gehobenen Dienst ein. Jährlich sind das etwa 1200 Nachwuchskräfte, die angesichts der Pensionierungswelle gerade so den Personalbedarf abdecken. Nach Angaben der Innenverwaltung kommt mehr als ein Drittel der Bewerber nicht aus Berlin.

Um auch für Nachwuchs aus anderen Bundesländern attraktiv zu sein, unterstützt die Behörde Polizeischüler und Studenten bei der Wohnungssuche – die allerdings wegen des angespannten Berliner Wohnungsmarktes und der rasant steigenden Mieten immer schwieriger wird.

Berlin konkurriert beim Nachwuchs mit den anderen Bundesländern

Die Wohnungsfürsorge der Polizeiakademie, die mit „Kein Stress! Wir helfen!“ wirbt, vermittelt unter anderem Wohnheimplätze an der Pionierstraße in Spandau, wo 134 Apartments mit 168 Plätzen zur Verfügung stehen. Dort können Anwärter von Polizei, Feuerwehr und anderen Berliner Verwaltungen einziehen. Das 20 Quadratmeter große Einzelapartment kostet 340 Euro inklusive Betriebs- und Nebenkosten wie Heizung. Der Polizei stehen etwa 100 Plätze zur Verfügung. Allerdings muss der Polizeinachwuchs dort nach dem Ende der Ausbildung ausziehen und Platz machen für die Neuen.

Das im März vergangenen Jahres eingeweihte Studentenwohnheim aus Beton-Fertigmodulen wurde von der Wohnungsbaugesellschaft Berlinovo errichtet. Bis 2026 will die Gesellschaft rund 2000 Wohnungen für Landesbeschäftigte bauen. Auch für Studenten des gehobenen Dienstes an der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) in Friedrichsfelde gibt es Apartments. Unter anderem wurden vor drei Jahren in einem Studentenwohnheim am Tierpark Plätze reserviert.

Allerdings konkurriert Berlin beim Nachwuchs mit den anderen Bundesländern und den Bundessicherheitsbehörden, die mehr zahlen. Wer die Polizeiakademie als Polizeimeister verlässt, hat ohne Zulagen Dienstbezüge von 2461,81 Euro brutto als Beamter in Berlin. Ein Beamter in Brandenburg bekommt 2554,84 Euro und ein Bundespolizist 2614,19 Euro. In Berlin liegt die durchschnittliche Miete für eine 60 Quadratmeter große Wohnung laut Mietpreisspiegel bei 1376,40 Euro.

„Wir kriegen keinen geeigneten Nachwuchs mehr, weil die Leute hier keine Wohnung finden“, sagt Jörn Badendick, Sprecher der Berufsvereinigung Unabhängige in der Polizei. „Andreas Geisel hat Politik nicht für Generationen, sondern nur für die Legislatur gemacht, und das sowohl als Innensenator als auch als Bausenator. Dass Gentrifizierung unter einem rot-rot-grünen Senat mal zu einem ausufernden Problem wird, hätte keiner gedacht. Der Dienstherr hat versagt, die Belegschaft soll es richten.“