Kolumne

Warum liegt in Berlin so viel Sperrmüll am Straßenrand?

Die einen sind egoistisch, andere einfach bequem. Doch unser Kolumnist hat noch einen Grund gefunden, warum manche ihre alten Möbel einfach irgendwo abstellen.

Ein Mann läuft an einem Haufen Sperrmüll im Berliner Stadtteil Wedding vorbei.
Ein Mann läuft an einem Haufen Sperrmüll im Berliner Stadtteil Wedding vorbei.dpa

Das Leben ist Veränderung – manchmal ist es nötig, sich an solche Binsenweisheiten zu erinnern. Sonst wird es teuer, sehr teuer. So wie bei einem Freund, der mit der Familie in Berlin in eine neue Wohnung ziehen muss.

Er erzählte von der schönen Stadt Koblenz. Dort reicht vor dem Umzug ein Anruf: Die Leute buchen einen Termin und schon steht ein Container vor dem Haus. Kostenlos.

So etwas fand der Freund in Berlin nicht. Und da der nächste kostenlose BSR-Kieztag noch viel zu lange hin war, mietete er einen Kleinbus und heuerte Freunde an, damit wir kostenlos Sperrmüll abgeben. Vorher waren wir ökologisch vorbildlich und auch sozial. Wir stellten erst einmal alles auf den Fußweg, was noch brauchbar war. Und tatsächlich: Schon kamen die Ersten und griffen zu. Wunderbar.

Kurz danach luden wir alles ein, was niemand wollte. Es war bestes Wetter, und wir hatten beste Laune. Uns blieb noch mehr als eine Stunde, bis wir das Auto wieder abgeben mussten. Alles war perfekt – bis wir die Sperrmüllsammelstelle in Lichtenberg erreichten.

Am Tor saßen vier Männer in Orange. Einer wollte unseren Müll sehen. Ihm reichte ein kurzer Blick in den Kleinbus. „Das ist zu viel, um es hier kostenlos abgeben zu können“, sagt er. „Ihr müsst nach Neukölln.“

Der freundliche Mann mit dem runden orangen Bauch sagte auch, dass wir nicht einfach vors Tor fahren und draußen einen Teil des Mülls zwischenlagern können, um das Zeug doch noch kostenlos loszuwerden.

Den Preis sagte er uns lieber nicht

Wie gesagt: Das Leben ist Veränderung. Wir hätten uns nicht auf unsere Erinnerungen verlassen dürfen. Beim Entrümpeln waren sechs Leute dabei, die teilweise schon lange in Berlin leben, aber niemand wusste das mit der Obergrenze für die kostenlose Abgabe.

Unterwegs schauten wir ins Internet und sahen den Preis: 180 Euro. Das hatte uns der BSR-Mann natürlich nicht verraten. Wir hatten es nun nicht nur eilig, weil wir das Auto unbedingt in einer Stunde abgegeben musste. Wir hatten auch richtig schlechte Laune.

Und die Wut ging nicht weg. Andere stellen ihren Müll einfach auf den Fußweg, wir aber waren weder egoistisch noch bequem, sondern fuhren alles ordentlich weg.

Der Druck in der Magengegend wich erst in Neukölln ein wenig, als wir all den Krempel in die Container warfen. Mit ein klein wenig Schwung und ganz viel Wut.

Draußen vor dem Tor sahen wir, wie einige ihre Busse schnell noch entluden. Sie dosierten die Müllmenge so, dass sie nichts zahlen mussten. Sie kannten sich aus.

Auf dem Rückweg durch Neukölln sahen wir überall Müllberge, die sich am Straßenrand türmten. Wirklich große Berge.