Kommentar

Tesla-Fabrik in Grünheide: Standort der begrenzten Möglichkeiten

Elon Musk begann den Bau seiner Fabrik auf eigenes Risiko. Nun bekommt er wohl die endgültige Baugenehmigung – aber kann Tesla am Standort überhaupt wachsen?

So sieht es in der Gigafactory 4 aus. Die Fabrik in Grünheide ist das erste Tesla-Werk in Europa.
So sieht es in der Gigafactory 4 aus. Die Fabrik in Grünheide ist das erste Tesla-Werk in Europa.dpa/Patrick Pleul

Berlin-Schnelligkeit bedeutet für Tesla-Chef Elon Musk viel. Er verspricht sie auch für seine Elektroautos. Als er im Sommer erstmals die Tore der ersten europäischen Tesla-Fabrik im brandenburgischen Grünheide für das Publikum öffnete, bildeten sich lange Schlangen: Hunderte Menschen wollten in einen Tesla steigen. Aber nicht für eine eigene Probefahrt. Sie stiegen zu einem Tesla-Mitarbeiter. Er beschleunigte den Wagen von null auf hundert in fünf Sekunden, und die Leute waren beeindruckt. Das war der Beweis: Elektroautos beschleunigen wie schnelle Benziner.

Musk ist noch mit einem anderen Versprechen angetreten: Er will mit seinen Autos nicht nur die etwas verschlafene deutsche Autoindustrie vor sich hertreiben, sondern die gesamte Industrie revolutionieren – und retten. Denn der führende deutsche Industriezweig wird inzwischen von manchen als eine Art Dealer-Organisation für unökologische Dreckschleudern verteufelt. Musk will dem motorisierten Individualverkehr mit seinen E-Autos ein grünes Siegel verpassen.

Elon Musk – ein Mann schneller Entscheidungen

Unbedingte Schnelligkeit war auch sein erklärtes Ziel beim Bau der Gigafactory. Musk fing im Frühjahr 2020 an – ohne endgültige Baugenehmigung. An diesem Freitag gibt Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke bekannt, ob Musk für die fast fertige Fabrik die Gesamtgenehmigung nachgereicht bekommt. Mit einer Ablehnung rechnen nicht mal die Gegner der Fabrik. Denn Musk hat 20 Einzelgenehmigungen für alle bisherigen Bauabschnitte bekommen. Da ist es unwahrscheinlich, dass der Gesamtbau verboten wird.

Musk setzt auf Schnelligkeit, denn die starke deutsche Konkurrenz ist aufgewacht und investiert Milliarden. Für ihn stellt sich die Frage: Zahlt sich die Eile aus? Das ist durchaus fraglich, denn die schnelle Entscheidung für Grünheide kann sich als schwere Hypothek erweisen. Denn im Berliner Speckgürtel kann Tesla nicht endlos expandieren.

Musk ist auch eine Art Spieler. Jemand, für den Hindernisse nicht angsteinflößende Probleme sind, sondern die ultimative Möglichkeit, schnell eine Lösung herbeizuführen.

Er wollte nicht auf die endgültige Baugenehmigung warten, wie es die meisten getan hätten, sondern fing auf eigenes Risiko an. Eigentlich sollte die Gigafactory im Juli 2021 fertig sein. Doch erst im Dezember rollten die ersten Autos vom Band – probeweise. Aber auch zwei Jahre Bauzeit stellt die Konkurrenz in den Schatten.

Aber es zeigt sich auch, dass Eile nicht alles ist. Denn mit der schnellen Festlegung auf Grünheide könnte Musk auch Probleme bekommen. Denn es werden in der Genehmigung strenge Umweltauflagen erwartet, die Grünheide zu einem Standort der begrenzten Möglichkeiten machen.

Vielleicht doch die Lausitz?

Die neue Fabrik verbraucht so viel Wasser wie eine Kleinstadt – ausgerechnet in einer Region mit Wasserproblemen. Die Regierung hatte Musk auch Standorte in der Lausitzer Kohlelandschaft angeboten – mit reichlich Wasser und Platz zur Expansion. Doch Musk suchte die Nähe zum BER, zum Berliner Ring und zum Arbeitsmarkt Berlin. Und die Fabrik sollte den Namen Gigafactory Berlin-Brandenburg tragen.

Aus der Fabrik sollen 500.000 Autos pro Jahr rollen. Doch Musk plant weitere Ausbaustufen und träumt davon, dass es der größte deutsche Standort der Autoindustrie wird. Ob er das in Grünheide realisieren kann, zeigt sich erst, wenn die Auflagen bekannt sind. Es kann sein, dass Tesla für weitere Ausbaustufen doch in die Lausitz muss.