Ein italienisches Restaurant in Charlottenburg. Der Freund, mit dem ich verabredet bin, kommt nicht. Er neigt nicht dazu, sich zu verspäten, und ich beginne, mir Sorgen zu machen. Meine Textnachricht geht ins Leere, der Anruf landet auf der Mailbox. Habe ich mich in der Uhrzeit geirrt? Um mich von meinem Kreiseldenken darüber, was passiert sein könnte, abzulenken, betrachte ich die anderen wenigen Gäste. Am Nachbartisch platzieren sich gerade eine sehr junge und eine sehr alte Frau. Die Junge trägt ihr langes dunkles Haar kunstvoll hochgesteckt, ihre Begleiterin ihres in unzähligen weißen Löckchen.
Spontan mag ich diesen Kontrast, tippe auf Großmutter und Enkelin und erfahre kurz darauf, dass die beiden Nachbarinnen sind. Die Löckchenfrau heißt Hilde, und die Jüngere, deren Name nicht fällt, hat dieses Treffen organisiert. „Endlich klappt es mal“, sagt sie, und: „Das sollten wir viel öfter machen!“
Dann bittet sie Hilde um ihr Handy, „damit ich endlich X und Y einspeichern kann“. X und Y, schlussfolgere ich, sind auch Nachbarn. „Willst du zusehen, damit du weißt, wie das geht? Oder soll ich einfach machen?“ Hilde macht mit zitternder Hand eine „Mach nur“-Bewegung. Sie wirkt, als ob sie erst einmal ankommen muss. Wenige Augenblicke später stellen sie fest, dass die Nummern bereits eingespeichert sind, und freuen sich, dass das geplante Lagerfeuer im Hof nun ebenfalls „endlich!“ stattfinden kann.
Während mich der Gedanke an ein Feuer im Hof, darum Alt und Jung beisammensitzend, wärmt, ruft Hilde Richtung Kellner: „Armando, gibt es Lachs?“ und wirkt gar nicht mehr unsicher. Eine dritte Frau kommt hinzu, sodass Armandos Antwort im Begrüßungsgewerke untergeht. Dann geht es ums Heizen, „bei mir ist es noch kalt – bei mir auch“, und das passt zu den Lagerfeuerplänen. Alle bestellen Getränke, die junge Frau ein kleines Glas Wein mit der Erläuterung, sie nehme derzeit Medikamente, und schließt: „Also, falls ich umkippe ...“ Und grinst. Hilde fragt: „Was machen wir dann?“



