Wie groß sie ist. Denke ich jedes Mal, wenn ich die Karte von Berlin sehe, die an der Wand unweit des Schreibtisches hängt. Riesig. Ein Meer von Straßen, Häusern, Parks, Gärten, Kanälen – und Menschen. Vor dem inneren Auge sehe ich sie gehen und sitzen, liegen und lümmeln, agieren und sich verweigern, sprechen und schweigen in dem rotgelbgrünblauen Meer, das anders als das echte nie eine stille, glatte Fläche ist. Leute, die alles sehr genau nehmen, würden jetzt einwenden: Naja, so groß ist Berlin ja gar nicht. So im Vergleich. Mit den asiatischen Megacitys zum Beispiel. Das sind die Leute, die immer ein „Aber“ auf den Lippen haben, immer ein „Naja“. Man trifft sie auf jeder Party.
Ich denke, wenn ich die Wandkarte sehe, manchmal auch an Partys. Oder an Tische bei Freunden, an die man zum Essen eingeladen wird. Ich denke daran, wie oft man von dort mit neuen Bekanntschaften nach Hause zurückkehrt. Denke daran, dass manchmal aus diesen Begegnungen etwas Großes, etwas Dauerhaftes wird. Freundschaft. Verbundenheit. Liebe.
Das künftige Dauerhafte, davon bin ich überzeugt, spürt man früh. Etwas vibriert in der Luft, zittert in den gesprochenen Sätzen, flüstert vor sich hin im Schweigen. Vielleicht nimmt man es in dem Moment des Vibrierens, Zitterns, Flüsterns noch nicht wahr, doch spätestens dann, wenn man gemeinsam zurückblickt und sich fragt, wann wussten wir eigentlich, dass wir einander erhalten bleiben, spätestens dann stellt man fest: Mensch, das war doch schon klar – als wir am Buffet standen. Oder: Schon lange vor dem Tanzen, da saßen wir noch alle draußen. Oder: Das war noch beim ersten Glas Wein.
Wie sich Berliner finden am Buffet, auf Plätzen und Straßen
Ich sehe die Wandkarte und denke: Es ist ein Wunder. Dass man von all den Menschen, die in diesem Meer herumgehen und sitzen, liegen und lümmeln, agieren und sich verweigern, sprechen und schweigen, sich ausgerechnet manchmal zwei treffen, an einem Tisch oder einem Buffet oder unter einem Baum, die danach verbunden bleiben.



