Diese Stadt unterscheidet sich von jeder anderen. Das fiel mir zunächst bei zwei kurzen Besuchen auf, ohne dass ich das „Anders-Sein“ von Eisenhüttenstadt in Worte oder gar Begriffe fassen konnte. Daher wollte ich es endlich genau wissen.
Will man etwas Unklares wirklich begreifen und sogar durchdringen, so sagte ich mir, muss man vor Ort sein, sehen, hören und mit den Menschen sprechen. So mache ich mich mit dem Auto von Berlin kommend auf den Weg. Auf der A 12, noch vor der ungleich größeren Stadt Frankfurt/Oder und der Abbiegung auf die Bundesstraße macht die kleine Gemeinde mit einem braunweißem Autobahnschild auf sich aufmerksam: „Planstadt Eisenhüttenstadt“.
Dann fahre ich in die Kommune meiner Neugier. Wieder stellt sich sofort das starke Empfinden ein, etwas ganz Außergewöhnliches zu sehen, ein Eindruck, der mir bei westdeutschen Städten in dieser eigentümlichen Form selten begegnet ist. In der Erich-Weinert-Straße parke ich, genannt nach einem tapferen Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus und einem der ersten Schriftsteller der noch sehr jungen DDR. Schnell entdecke ich die nach ihm benannte Grundschule, die wie die sechs für die Stadt typische Wohnkomplexe, als Quadrate angeordnet, Freundlichkeit ausstrahlt. Kopfsteinpflaster davor, mondäne Architektur, Balkon, viel Grün, heller Anstrich.
Die Schule feierte vor kurzem ihren 70. Geburtstag; sie steht unter Denkmalschutz. Die Sekretärin, mit der ich schnell ins Gespräch komme, sagt: „Ich lebe seit Geburt hier und gerne, alles ist großzügig angelegt.“ Die Kinder eilen an uns vorbei in die Schule; heute läuft ein Zirkus-Projekt, da will niemand zu spät sein.

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