Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts gegen die bisherige Ausübung des kommunalen Vorkaufsrechts in Milieuschutzgebieten meldet sich jetzt die vermieternahe Seite zu Wort. Die auf Immobilienrecht spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei Bottermann Khorrami teilte mit, dass nun die in den Jahren 2016 bis 2021 abgeschlossenen Vereinbarungen „auf dem Prüfstand“ stünden, in denen Erwerber von Immobilien sich zu einem stärkeren Mieterschutz verpflichteten – und damit die Ausübung des Vorkaufrechts abwendeten.
In etwa zehn beim Verwaltungsgericht Berlin anhängigen Verfahren wendeten sich Eigentümer gegen die mit den Bezirken geschlossenen sogenannten Abwendungsvereinbarungen, heißt es in der Mitteilung der Kanzlei. Brisant: In den sogenannten Abwendungsvereinbarungen sagten die Erwerber unter anderem zu, für den Zeitraum von 20 Jahren auf die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen zu verzichten. Diese Zusage wird nun infrage gestellt.
Zum Hintergrund: Das Bundesverwaltungsgericht hatte am 9. November 2021 entschieden, dass das kommunale Vorkaufsrecht nicht auf Basis der Annahme ausgeübt werden dürfe, dass der andere Käufer die Mieter in der Zukunft aus dem Gebiet verdrängen könnte. Genau das war bis dahin die zentrale Argumentation, wenn etwa Bezirke in Berlin das Vorkaufsrecht zugunsten eines gemeinwohlorientierten Dritten, meist einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft, ausübten.
Senatsverwaltung geht davon aus, dass Vereinbarungen Bestand haben
„Ohne die nach heutigem Stand rechtswidrige Ausübung des Vorkaufsrechts fehlt die Grundlage für die Vereinbarungen, zu denen sich viele Käufer von den Bezirken gedrängt fühlten“, erklärte Rechtsanwalt Bottermann. Er gehe davon aus, dass die Abwendungsvereinbarungen gegen das sogenannte Kopplungsverbot nach Paragraf 11 des Baugesetzbuches verstoßen dürften. Dieses besage, „dass die Vereinbarung einer vom Vertragspartner zu erbringenden Leistung unzulässig ist, wenn der Vertragspartner auch ohne sie einen Anspruch auf die Gegenleistung hätte“.
Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts werden, wie berichtet, von insgesamt 383 Abwendungsvereinbarungen 54 nicht mehr anerkannt oder per Klage angefochten. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung teilte am Dienstag auf Anfrage mit, sie und die Bezirke gingen davon aus, „dass die Abwendungsvereinbarungen in der Regel nicht nichtig sind beziehungsweise gekündigt werden können“.



