Immobilienmarkt

Berlin: Warum der Bau von Sozialwohnungen nicht vorankommt

In der Krise geht die Zahl der fertiggestellten Unterkünfte zurück. Eine sinkende Zahl von Baugenehmigungen lässt ein weiteres Absinken erwarten.

Die Degewo hat von den landeseigenen Unternehmen die meisten neuen Wohnungen in den ersten sechs Monaten fertiggestellt. Im Bild: eine Baustelle in Marzahn.
Die Degewo hat von den landeseigenen Unternehmen die meisten neuen Wohnungen in den ersten sechs Monaten fertiggestellt. Im Bild: eine Baustelle in Marzahn.Gerd Engelsmann

Die landeseigenen Wohnungsunternehmen haben in den ersten sechs Monaten dieses Jahres insgesamt 2816 Wohnungen neu gebaut, darunter 1447 Sozialwohnungen. Das geht aus der Antwort der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung auf eine Anfrage des Linke-Abgeordneten Niklas Schenker hervor.

Die Vorgabe, dass jede zweite neue Wohnung bei den städtischen Unternehmen eine Sozialwohnung sein soll, wird damit zwar erfüllt. Wenn sich die Zahl der Wohnungsfertigstellungen im zweiten Halbjahr aber nicht noch deutlich erhöht, wird die Zielmarke von 7000 Wohnungen jährlich, die die landeseigenen Unternehmen errichten müssen, kaum erreicht. 7000 Wohnungen pro Jahr sind nötig, damit die sechs landeseigenen Unternehmen das Ziel von insgesamt 35.000 Wohnungen in dieser Legislaturperiode, also innerhalb von fünf Jahren, schaffen.

Die Degewo, die größte der sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, stellte im ersten Halbjahr mit 487 Wohnungen die meisten neuen Unterkünfte fertig. Dahinter folgen die Howoge (337 Wohnungen), die Gewobag (272), die Gesobau (208), die Stadt und Land (80) und die Wohnungsbaugesellschaft Mitte (63). Die landeseigene Berlinovo, die die Immobilien aus den früheren Skandalfonds der Bankgesellschaft verwaltet, steuert mittlerweile ebenfalls eine beachtliche Zahl an Neubauwohnungen bei. In den ersten sechs Monaten stellte sie 350 Wohneinheiten fertig.

Zahl der Baugenehmigungen geht zurück

Die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen entwickelt sich in diesem Jahr wenig erfreulich. In den ersten sieben Monaten dieses Jahres wurden nach der Antwort der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Genehmigungen für den Bau von 2161 Wohnungen der landeseigenen Wohnungsunternehmen erteilt. Verglichen mit demselben Zeitraum des Vorjahres entspricht das einem Rückgang von knapp zehn Prozent. Bei den privaten Unternehmen zeigt sich ein noch stärkerer Rückgang: In den ersten sieben Monaten dieses Jahres sank die Zahl der Baugenehmigungen um rund 15 Prozent auf 5310 Wohnungen.

„Der öffentliche Wohnungsbau zeigt sich in Krisenzeiten robuster als der private Neubau“, sagt der Linke-Abgeordnete Niklas Schenker. „Viele private Wohnungsunternehmen kündigen bereits an, sich aus Bauvorhaben zurückzuziehen.“ Sein Fazit: „Vor allem in der Krise sind private Akteure keine verlässlichen Partner.“

Der Bau von neuen Sozialwohnungen kommt eher schleppend voran. Mit Stand vom 23. September wurde in diesem Jahr die Förderung von 1544 Sozialwohnungen beantragt. Zum Vergleich: Bei jährlich 7000 benötigten Neubauwohnungen der landeseigenen Unternehmen müssten eigentlich 3500 Sozialwohnungen entstehen, um auf einen Anteil von 50 Prozent zu kommen.

Aufbau einer kommunalen Bauwirtschaft gefordert

Ob die Förderung einer entsprechend hohen Zahl an Sozialwohnungen in diesem Jahr bewilligt werden kann, was die Voraussetzung ist, um das Ziel zu erreichen, ist fraglich. Dass bisher so wenig Sozialwohnungen bewilligt wurden, hat sich die Koalition selbst zuzuschreiben. Denn die neuen Förderkonditionen wurden erst vor Kurzem beschlossen. So lange warteten die Unternehmen mit ihren Förderanträgen ab.

„Wir brauchen mehr Sozialwohnungen und müssen schneller beim Bauen werden“, fordert Niklas Schenker. „Das schaffen wir nur, wenn wir uns künftig auf die Förderung des kommunalen Neubaus konzentrieren und die kommunalen Unternehmen stärken.“ Ganz offensichtlich reiche es nicht, „ständig bloße Bekenntnisse zu viel Neubau abzugeben oder wiederholt das Mantra von ,Kooperation statt Konfrontation‘ zu wiederholen“.

Schenker setzt sich für den „Aufbau einer kommunalen Bauwirtschaft“ ein. „Damit könnte sich Berlin weitgehend unabhängig von Krisen, Marktschwankungen und dem Fachkräftemangel machen“, sagt er. „Wer Neubau zur Chefinnensache machen will, muss auch offen für innovative und einfach gute Lösungen sein.“