Sie birgt so viel Offenheit, diese nicht einmal halbe Stunde, in der das Licht noch unentschlossen ist. Die Nacht hat sich schon eine Weile zurückgezogen, dem Tag wie stets freundlich das Feld, die Stadt überlassen. Und der Tag sortiert sich bereits, man spürt sein Sichrecken. Doch die Helligkeit ist eben noch nicht vollständig. Ein Schwebemoment. Versprechen, Zögern, Verheißung liegen darin.
Kurze Zeit später trägt der Himmel ein Gewand aus Wolken in den Farben Weiß, Silber und Grau, Letzteres in allen Nuancen bis hin zu sattem Beton. Es wird Regen geben, das haben sie auch im Radio gesagt. Der Gedanke ist gerade fertig, ein Punkt gesetzt hinter dem stumm formulierten Satz, da schüttet es auch schon los. Unten auf dem Platz werden Schritte beschleunigt, Schirme aufgespannt, Kapuzen hochgezogen, wird der Schutz der Bäume gesucht. Ein „Verflucht, warum jetzt?“ will mir nicht mal leise über die Lippen kommen, als ich den Regenmantel anziehe im Aufbruch zu einem Termin. Sich über Regen ärgern ist Vergangenheit.
Draußen auf der Straße, halb blind wegen der nassen Brillengläser, betrachte ich die dunkel gewordene Straße und denke an die leuchtenden Abende dieses Oktobers. Denke an die vielen Menschen auf den Terrassen vor den Cafés, an meine Freude, die etwas ähnlich Unentschlossenes hatte wie die besagte halbe Stunde am Morgen. Denke an mediterrane Stunden auf dem Balkon, wir trugen dünne Pullover und lächelten und wunderten uns kopfschüttelnd und irgendwann sprach einer es aus: „Es ist so schön, aber irgendwie auch so falsch.“ Dass Gespräche übers Wetter eine Art Synonym für Small Talk sind – auch das ist lange her.

