Glauben

Kink oder katholisch? Nackter Fessel-Künstler begleitet Karfreitags-Prozession in Mitte

Am Karfreitag prozessierten Gläubige durch Berlin-Mitte. An dem Aufzug nahm auch ein queerer Künstler teil. Was sagen Katholiken dazu?

Umringt von einem Künstlerkollektiv und Gläubigen: ein queerer Künstler auf einer Karfreitagsprozession
Umringt von einem Künstlerkollektiv und Gläubigen: ein queerer Künstler auf einer KarfreitagsprozessionCarl-Victor Wachs

Am Karfreitag führten Kirchenmitglieder eine Prozession in Berlin durch, die nun für Aufsehen in den sozialen Netzwerken sorgt. Der Sprecher der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), Carl-Victor Wachs, verfasste dazu einen Post, in dem er sich als gläubiger Katholik auf die Kirchen-Kritik von Julia Klöckner bezog, Präsidentin des Deutschen Bundestags. Sie hatte den politischen Aktivismus der Kirchen kritisiert, weil diese Stellungnahmen zu tagesaktuellen Themen abgeben würden „wie eine NGO“. Carl-Victor Wachs schrieb auf X dazu über einige Beobachtungen von der Berliner Prozession.

An der Spitze des Zuges sei ein drei Meter hohes und ein 80 Kilogramm schweres Kreuz getragen worden. Der Weg führte von der evangelischen St. Marienkirche zur katholischen St. Hedwigs-Kathedrale in Mitte. Unterwegs sprachen an sechs Stationen sechs Redner, heißt es.

Das Leid queerer Menschen in Ghana

„Teil des Zuges war ein nackter Künstler – mit Schlamm eingerieben, in Ketten gelegt, schrie er laut und verspritzte Schlamm“, so Post-Verfasser Wachs. Ziel sei gewesen, auf das Leid queerer Menschen in Ghana hinzuweisen. Wachs weiter: „Der Mann war von seinem Künstlerkollektiv umringt, das alles filmte. Viele Teilnehmer wichen aus, um nicht mit ihnen zu kollidieren – oder vom Penis-Schlamm getroffen zu werden.“

Der ökumenische Aufzug führte auch vor den Berliner Dom. Dort soll ein Klimaforscher dazu aufgerufen haben, Klimaaktivistin Luisa Neubauer zu folgen: „Wir haben eine veritable Klimakatastrophe, das sagt auch Luisa Neubauer. Hört auf Luisa! Wir streben nach wirtschaftlichem Erfolg – und zerstören dabei unsere Welt.“

Am Bebelplatz, dem Ort der Buchverbrennungen des NS-Regimes, sei eine Muslima zu Wort gekommen. Die Rednerin wies auf mangelnde Frauenrechte  hin. Ihre Mutter habe noch einen Minirock tragen dürfen, ihre eigene Generation nicht mehr. Die Rednerin selbst trug einen Hijab. Später sei noch der Brief einer Jüdin verlesen worden. INSM-Sprecher Wachs zieht schließlich folgendes Fazit: „Die Grenzen zwischen Spiritualität, Moral und Aktivismus sind fließender geworden.“

Die Berliner Karfreitagsprozession läuft traditionell schweigend ab, begleitet lediglich durch Klanghölzer. Ein grünes Kreuz wird mitgeführt, das drei Meter hoch und etwa einen Zentner schwer ist und von sechs Personen getragen wird.

Korrekturhinweis: In einer früheren Version des Textes hieß es, es habe sich um ein mehrere Zentner schweres Kreuz gehandelt. Das ist falsch. Wir haben die Stelle korrigiert. Auch, dass die Idee für die Performance von einer Pastorin gekommen sein soll, sei falsch, so eine Sprecherin der Evangelischen Kirche. Auch Afghanistan sei nicht Thema gewesen, sondern die alltägliche Diskriminierung von Frauen. Es habe sich zudem um keine Imamin, sondern um eine Muslima gehandelt. Zudem verwendeten die Teilnehmer der Prozession Klanghölzer, nicht Pauken.