Wissenschaft kann auch lustig sein. Vor allem Wissenschaftler selbst können über Insider-Witze lachen, die ein Außenstehender kaum versteht. Zum Beispiel diesen hier: „Schrödingers Katze geht in eine Bar. Und tut es nicht.“ Diesen Joke versteht man nur, wenn man das Gedankenexperiment „Schrödingers Katze“ kennt und die Tatsache, dass in der Welt der Quantentheorie ein Teilchen zwei Zustände zugleich einnehmen kann, sozusagen überlagerte Zustände.
Folgender Scherz ist leichter verständlich: „In einem Gutachterbericht über eine Studie steht: ‚Diese Studie enthält vieles, was neu ist und vieles, was wahr ist. Leider ist das, was wahr ist, nicht neu und das, was neu ist, nicht wahr.‘“ Man sieht, dass Humor in der Wissenschaft auch Selbstkritik enthalten kann. Forscher lachen über ein Problem, das sich in so mancher Forschungsarbeit findet. Und das eigentlich ein sehr ernstes Problem ist.
Mitunter gehen Forscher auch selbst in die Humorbranche und werden zu Kabarettisten oder Comedians, die öffentlich auftreten. Beispiele dafür sind der Medizinkabarettist Eckart von Hirschhausen und der Wissenschaftskabarettist Vince Ebert. Auch die jährliche Verleihung des satirischen Ig-Nobelpreises in den USA gehört zu den Humor-Veranstaltungen. Hier werden Forscher mit ihren echten Arbeiten zu unfreiwilligen Komödianten – und spielen mehr oder weniger begeistert mit.
Wissenschaftler als Stand-up-Comedians für einen Abend
In Großbritannien wiederum entstand vor einiger Zeit der Bright Club, eine Veranstaltungsform, bei der sich Forscher für einen Abend in Stand-up-Comedians verwandeln. In Deutschland gibt es an verschiedenen Universitäten bereits traditionelle Klamauk-Vorlesungen. In Lausanne in der Schweiz probieren sich Wissenschaftler in der monatlichen Show „CatCave9“ in „improvisatorischer Comedy“ aus – mit einem „Schuss Wissenschaft“.
Manchmal gehen auch ganze Gruppen von Wissenschaftlern in die Comedy. Ein bekanntes Beispiel dafür sind die Science Busters, ein österreichisches Wissenschaftskabarett, das am 19. Januar 2023 in Berlin auftritt. „Global Warming Party – Die Show zum Klimawandel“ heißt sein Gastspiel im Kabarett Die Wühlmäuse.

Angeblich ist das österreichische Beamtendienstrecht schuld daran, dass das Wissenschaftskabarett Science Busters einst entstand. So zumindest erzählte es Martin Puntigam, studierter Mediziner und eines der Gründungsmitglieder. Es war 2007, und Heinz Oberhummer, Professor für Theoretische Physik in Wien, sei mit 65 Jahren sofort emeritiert worden – wie das Beamtendienstrecht vorschreibe –, habe sich aber „noch nicht in seinen Schuppen einordnen lassen wollen und warten wollen, bis er ablebt“, erzählte Puntigam.
Also gründeten Heinz Oberhummer, Martin Puntigam und der Physiker Werner Gruber das Wissenschaftskabarett Science Busters und traten in Wien und anderswo als „schärfste Science Boygroup der Milchstraße“ auf. Oberhummer starb 2015, Gruber stieg 2016 aus. Heute tritt Puntigam mit bis zu acht neu hinzugekommenen Wissenschaftlern auf. Sie touren und haben auch eigene Fernseh-Shows. In Berlin sind neben Puntigam zwei Mitglieder dabei: der Astronom Florian Freistetter, zugleich ein erfolgreicher Wissenschafts-Blogger, sowie der Molekularbiologe Martin Moder.
Warum landen Asteroiden eigentlich immer in Kratern?
Die Science Busters befassten sich in ihren Programmen mit vielen witzig gemeinten Fragen. Hier nur einige: „Warum landen Asteroiden immer in Kratern?“ – „Wurde Albert Einstein vier Jahre nach seinem Tod als Biene wiedergeboren?“ – „Wo liegt der Weltrekord im Eisprung?“– „Wie viel passt bei einer Mondrakete auf den Gepäckträger?“ – „Müssen Zombies vor dem Winter Reifen wechseln?“ – „Wie mutig sind eigentlich Feigwarzen?“ – „Haben wir die Nasenlöcher nach unten, damit keine Viren reinregnen?“ oder: „Lügt man immer, wenn man sagt: Ach, ich kenn mich doch …?“
In der „Global Warming Party“ wiederum stehen Fragen zum Klimawandel, darunter: „Retten wir das Klima, wenn wir Känguru-Fürze anzünden?“ – „Was kostet die Klimakatastrophe in Bitcoin?“ und: „Ist Planet B über Autobahn erreichbar?“ Schaut man sich einen Ausschnitt des Programms an, dann sieht man: Es wird mit Mitteln der Show gearbeitet, unter anderem mit Videos und Bildern auf einer großen Leinwand, mit Musik und Live-Experimenten, Gags und Klamauk. Im Kern jedoch geht es um eine unterhaltsame Darstellung wissenschaftlicher Zusammenhänge. Zum Beispiel, was die Suche nach einem Planeten B betrifft, einem Fluchtort für die bedrohte Menschheit.
Der Ansicht, dass die Menschheit ins Weltall „auswandern“ müsse und dies auch könne, vertreten unter anderem Technologie-Gurus wie Elon Musk. Und nicht wenige Menschen glauben daran. Doch der Astronom und Blogger Florian Freistetter, der 2019 selbst „Eine Geschichte des Universums in 100 Sternen“ (Hanser-Verlag) geschrieben hat, zeigt in der Show anhand einer spannenden „Besichtigungsrunde“ durch das bekannte Universum, wie klein die Chance ist, eine „zweite Erde“ zu finden, auf der man wirklich leben kann. Ungeachtet der Tatsache, dass man ja auch irgendwie hinkommen muss.
Wissenschaft ist das, was auch dann gilt, wenn man nicht dran glaubt
Am Ende versucht Freistetter eine Chancen-Rechnung: Man nehme das gesamte Universum und quetsche es in den Raum, den die Erde umkreist – mit einem Durchmesser von 300 Millionen Kilometern. „Und wenn wir dann alle Orte zusammennehmen, an denen wir nicht sofort sterben würden, machen diese in diesem geschrumpften Universum ein Volumen aus, das dem einen einzigen Atoms entspricht.“ Freistetters Fazit: „Wir haben keine Ausweichmöglichkeit. Es gibt keinen Planeten B, und wenn wir uns nicht um den Planeten Erde kümmern, dann ist unsere Party viel schneller zu Ende als wir glauben.“
„Wissenschaft ist das, was auch dann gilt, wenn man nicht dran glaubt“ – so lautet ein Motto der Kabarettisten. Es ist auch der Titel eines Buches zum 15-jährigen Bestehen der Science Busters, erschienen 2022 im Hanser-Verlag. Zu ihrer Bilanz gehören 50 Live-Programme, 120 TV-Shows und 800 Radiokolumnen. Im Jubiläumsbuch befassen sie sich mit Pandemie, Klima, Verschwörungsmythen – und damit, warum Wissenschaftserklärung mit Humor nie wichtiger war als heute.
Humor ist eine mögliche Form von Wissenschaftskommunikation. Und zu einer ehrlichen Kommunikation gehört, dass sich die Wissenschaft auch selbstkritisch befragen muss. Es gehe darum, „dass man Irrtümer nicht nur erkennt, sondern auch eingesteht und Korrekturen publiziert“, heißt es im Buch. Insofern stimmt dessen Titel „Wissenschaft ist das, was auch dann gilt, wenn man nicht dran glaubt“ nur, wenn man damit wirkliche Wissenschaft meint, deren Ergebnisse überprüfbar sind und die auch immer klar macht, in welchem Rahmen, mit welchen Fragestellungen, unter welchen Bedingungen sie neues Wissen schafft.
Small-Talk-Hilfen für den Alltag
Comedy und Kabarett sind eine Möglichkeit, die Wissenschaftskommunikation zu verbessern und Wissenschaft näher an die Menschen zu bringen. Die Science Busters bieten dafür in ihrem Buch auch „Small-Talk-Hilfen“, damit man selbst in Gesprächen mit Wissen glänzen kann. So wird zum Beispiel beantwortet, ob man Seehunden astronomische Kenntnisse vermitteln kann, welche Farbe das Universum als Ganzes wirklich hat (es ist ein weißliches Beige, genannt „Cosmic Latte“) und ob man es tatsächlich per Farbe sichtbar machen kann, ob jemand beim Baden ins Schwimmbecken uriniert.
Um es kurz zu machen: Man bräuchte dafür einen Indikator in so hoher und gesundheitsschädlicher Dosis, dass sich der Urin „dagegen vergleichsweise völlig harmlos ausnimmt“, wie es im Buch heißt. Und noch eine Erkenntnis gibt es: Durch 40 Menschen, die schwitzen und vor dem Baden nicht duschen gehen, gelange genauso viel Harnstoff ins Schwimmbadwasser wie durch eine Person, die ins Becken uriniert. Und wenn jemand sage: „Heute riecht es aber wieder stark nach Chlor“, dann meine er in Wirklichkeit die Duftmarke, die bei der Vernichtung von Harnstoffen durch chorhaltige Desinfektionsmittel im Schwimmbadwasser zurückbleibt.





