Berlin-Köpenick-Jetzt wird in Treptow-Köpenick über das Nacktsein an öffentlichen Plätzen diskutiert. Ausgelöst hat die Diskussion Gabrielle Lebreton. Wie berichtet, hatte sich die 37-Jährige Mutter zuletzt ohne BH an der Kinderplansche in Plänterwald gesonnt, was zu einem Polizei-Einsatz führte. Berechtigt? Bezirksbürgermeister Oliver Igel (SPD) sagt, man solle das locker sehen.
Gabrielle Lebreton war am 20. Juni mit ihrem Sohn, einem Bekannten und dessen kleiner Tochter in der Plansche. Offenbar gab es Beschwerden, als sich die Mutter ihr T-Shirt auszog und sich nur mit einer Badehose bekleidet auf der Wiese sonnte. Der Sicherheitsdienst kam und bat die Frau, ihren BH anzuziehen. Als Lebreton erklärte, sie habe das selbe Recht wie Männer, sich auf dem Gelände mit freiem Oberkörper zu bewegen, kam es zu einem verbalen Schlagabtausch. „Wo bleibt da die Gleichberechtigung?“, fragte sie. Am Ende kamen zwei Polizisten, leisteten dem Sicherheitsdienst Amtshilfe und erteilten Lebreton einen Platzverweis.
Bei den Treptowern, die wir am Donnerstag in der Nähe der Plansche antreffen, gehen die Meinungen zu dem Vorfall auseinander. Eine Joggerin schüttelt den Kopf: „Die Polizei zu holen, nur weil sich eine Frau mit nacktem Busen sonnt – wir sind doch nicht im Mittelalter“, sagt sie.
„Wir sind doch nicht im Mittelalter!“
Auch Irmtraut Reichelt, die mit ihren Enkelkindern da ist, kann die Aufregung nicht verstehen. „Wir sind doch nicht in Bayern, sondern in Berlin“, sagt sie. „Was ist daran schlimm, wenn Frauen an mit freiem Oberkörper an der Plansche liegen, auch wenn diese ein Kinderspielplatz ist? Glauben Sie mir, die Kinder nehmen daran keinen Schaden. Es ist interessiert sie auch nicht.“
Aber offenbar die Erwachsenen. Ein Mann, der an der Plansche vorbeikommt, erklärt: „Weibliche Brüste gelten nun einmal als sexualisiert. Und das Zeigen gehört sich nicht auf dieser Plansche, die kein Strandbad ist, sondern in erster Linie ein Kinderspielplatz.“ Auch der Bezirksbürgermeister Oliver Igel hat zu dem Fall eine Meinung: „Wir sollten das etwas lockerer sehen“, sagt er der Berliner Zeitung. „Wenn sich eine Frau ,oben ohne‘ in der Öffentlichkeit sonnt, dann ist es ihre freie Entscheidung.“ Igel erklärt weiter: „Wichtiger ist es, dass die Frauen nicht von Gaffern belästigt werden.“
Die Diskussion ist nun auch im Bezirksamt im vollen Gange. In erster Linie sei die Plansche, die dem Straßen- und Grünflächenamt untersteht, ein Spielplatz und kein Ort, wo sich Mütter halbnackt sonnen, sagt eine Bezirkssprecherin. Der an der Plansche eingesetzte Sicherheitsdienst habe die Besucherin auf die Richtlinien des Spielplatzes hingewiesen, nach denen FKK nicht gestattet sei. „Im Ergebnis der Diskussion wurde von dem Hausrecht Gebrauch gemacht.“ Die Polizei kam. „Für Benutzer der Plansche ist am Eingang ein Schildträger mit den wichtigsten Besuchsregeln aufgestellt. Eine FKK-Freigabe ist dort nicht ausgewiesen“, so die Sprecherin.
Kinderplansche im Plänterwald: Es gibt dort kein FKK-Verbot
Aber es steht dort kein Verbot. Oder dass Frauen, im Gegensatz zu den Männern, ihren nackten Oberkörper an der Plansche nicht zeigen dürfen. Hinweise zur Kleiderordnung fehlen ebenso. Auch gibt es kein Gesetz oder eine Verordnung, wie bekleidet Besucher dort erscheinen dürfen. Dem Vernehmen nach hat das Sicherheitspersonal nach Paragraf 118 des Ordnungswidrigkeitengesetzes gehandelt. Die Mutter, die sich mit freiem Oberkörper sonnte, habe demnach eine „grob ungehörige Handlung“ begangen, die die „Allgemeinheit belästigen“ könnte.
Ein Platzwart der Plansche erklärt, es sei in der Vergangenheit schon öfter vorgekommen, dass Mütter sich auf dem Spielplatz oben ohne sonnten. „Wir schauen darüber in der Regel großzügig hinweg“, sagt er. „Aber wenn Beschwerden seitens der Besucher kommen, müssen wir handeln. Bisher haben die Frauen sich dann auch angezogen oder sich auf den Bauch gelegt, so dass man ihre Brüste nicht mehr sah. Zu einem Polizei-Einsatz kam es noch nie.“
Der Platzwart erklärt, dass zu den Besuchern der Plansche auch Familien „aus anderen kulturellen Kreisen“ kämen. Dem müsse man Rechnung tragen. Das Straßen- und Grünflächenamt denkt jetzt über mögliche Reaktionen nach. So könnte man bei dem Spielplatz eine Freikörperzone einrichten, wenn die Plansche ab August saniert wird. Oder die Besucherregeln müssten nun eindeutiger definiert werden.
War der Vorfall in der Plansche gerechtfertigt oder nicht?
Am Donnerstagnachmittag wurde Gabrielle Lebreton von der Gleichstellungsbeauftragten des Bezirks, Anke Armbrust, ins Köpenicker Rathaus zu einem Gespräch eingeladen. Die Mutter, die auch Frauenaktivistin ist, brachte noch einige Mitstreiterinnen mit, die vor dem Rathaus Plakate unter dem Motto „Gleiche Brust für alle“ demonstrierten. Lebretons Ziel: Frauen soll es in Berlin überall dort möglich sein, sich oben ohne zu zeigen, wo es auch Männern erlaubt ist.



