Berlin-Es gibt ein Problem, das widersprüchlich klingt: Berlin-Brandenburg gehört bundesweit zu den gewässerreichsten Regionen. Sie liegt zwischen Elbe und Oder, und es gibt mehr als zehntausend Seen. Gleichzeitig wird es wohl langfristig Probleme mit der Wasserversorgung geben. Davon geht die Initiative „Wasser bewegt Berlin“ aus.
„In Brandenburg ist das bereits der Fall“, sagt Markus Müller, Sprecher der Initiative. „Im Sommer sorgte der Wassermangel in einigen Regionen für Sprengverbote für Gärten.“ In Berlin war das nicht der Fall. Aber es werde kommen. Der Landschaftsplaner sagt, er habe sich intensiv mit der Elbe beschäftigt. Der Fluss habe lange stabile Wasserstände gehabt. Nun wirkt sich der Klimawandel aus, es fällt weniger Regen, es gibt Dürren. „Seit 2014 führt die Elbe immer weniger Wasser. Da ist etwas Großräumiges im Gange, deshalb muss auch bei uns etwas passieren.“
Die Lage hat sich dramatisch geändert
In der Initiative haben sich Fachleute, Wissenschaftler, Unternehmer, Politiker und Künstler zusammengefunden, um auf die Wasserproblematik aufmerksam zu machen. Nun hat die Initiative Forderungen an den künftigen Berliner Senat aufgestellt, die sie am Montag beim 24. Stadtgespräch diskutieren will.
Stefan Richter, Vorstand Stiftung Zukunft Berlin, erzählt, dass die Stadtgespräche vor 20 Jahren begannen. „Damals schrieben wir in die Einladung: Wasser geht uns alle an. Obwohl es damals in unseren Breiten problemlos verfügbar war. Inzwischen wissen wir, dass sich das dramatisch geändert hat.“ Wasser sei nicht mehr problemlos verfügbar und werde nicht nachhaltig genutzt.
Die Lage beschreibt die Professorin und Hydrogeologin Irina Engelhardt von der TU Berlin. Sie spricht davon, dass in Brandenburg bereits ein höherer Wasserstress zu beobachten sei. Es gibt Hochflächen wie den Barnim, wo der Grundwasserstand sinkt. „Dort ist die Situation durchaus angespannt.“
Auch für Berlin zeichnen sich Probleme ab: Dort wird 70 Prozent des Trinkwassers nicht aus dem Grundwasser entnommen, sondern aus dem Uferfiltrat – das ist Wasser, das aus Flüssen versickert. „Die Uferfiltration ist stark abhängig von Wasserführung von Havel und Spree“, sagt die Hydrologin. Vor allem die Spree habe in den Trockenjahren weniger Wasser geführt. Es gebe zwischen Berlin und Brandenburg ein Niedrigwasserkonzept, das festlegt, wie viel Wasser der Fluss führen sollte. Doch die Mindestmenge sei oft nicht mehr erreicht worden. „Wir brauchen Maßnahmen zur Verbesserung des Systems.“

Denn die Probleme werden zunehmen, wenn die Kohleförderung in der Lausitz endet. Um sie aus den Tagebauen holen zu können, wird noch das Grundwasser ständig abgepumpt und in die Spree geleitet. Aber der Kohleausstieg ist beschlossen, dann wird weniger Wasser anfallen.
In Brandenburgs Landwirtschaft werden zwei Prozent der Anbauflächen bewässert, sagte Irina Engelhardt, in Niedersachsen sind es 20 Prozent. Brandenburg ist seit Jahren die trockenste Region. „Mit Zunahme der Trockenmonate wird die Landwirtschaft Bewässerungsbedarf haben.“
Es wird Verteilungskonflikte geben zwischen Bevölkerung, Landwirtschaft, Industrie und Naturschutz. „Die Land- und Forstwirte in Brandenburg haben eine zentrale Forderung: Es braucht eine zentrale ordnende Hand“, sagt Stefan Richter von der Stiftung Zukunft Berlin. Es gehe auch um die Priorisierung bei der Verteilung und die Frage: Wer muss zurückstecken? Die Brandenburger Regierung sei sehr offen für die Idee einer ordnenden Hand, sagt Richter. „Wir hoffen, dass dies auch bei der neuen Berliner Regierung der Fall sein wird.“
Ein Beauftragter in jedem Bezirk
Auch Berlin kann wesentlich zur Verbesserung der Lage beitragen. Es gibt zwei Wasserwerke, die wieder eröffnet werden sollen. Sie waren in den 1990er-Jahren geschlossen worden, als die Bevölkerungszahl sank. „Wir müssen überlegen, ob wir neue Wasserwerke errichten müssen“, sagt Initiativen-Sprecher Müller. Zudem müssten die Grundwasservorräte unter Berlin geschont werden. Im Sommer könnten Gärten weniger bewässert werden. Oder in Parks könnte es automatisiert in der Nacht geschehen, wenn weniger verdunstet. Für die Parks sind Rückhaltebecken für Regenwasser nötig.


