Das Gericht beim Zentralrat der Juden hat der Jüdischen Gemeinde zu Berlin die Durchführung der auf den 3. September 2023 angesetzten Wahl der Repräsentantenversammlung untersagt. In einem Beschluss über einen Antrag auf einstweilige Verfügung, der der Berliner Zeitung vorliegt, wird die Jüdische Gemeinde verpflichtet, die für September geplante Neuwahl abzusagen.
Der Antrag war von zwei langjährigen Mitgliedern gestellt worden, die sich durch eine neue Altersregelung diskriminiert fühlen. Das Gericht verpflichtete die Jüdische Gemeinde, die Wahl nach bisherigem Modus und ausschließlich nach der bisherigen Wahlordnung aus dem Jahre 2011 bis spätestens zum 5. Dezember 2023 durchzuführen. Demnach könnten die beiden Mitglieder kandidieren, obwohl das Gericht dazu keine konkrete Entscheidung fällte, da dies nicht im Eilverfahren zu entscheiden sei. Macht die Jüdische Gemeinde nicht innerhalb von vier Wochen ein sogenanntes Hauptsacheverfahren beim Gericht anhängig, so bleibt die einstweilige Anordnung als endgültige Regelung in Kraft.
Norman Nathan Gelbart, der Anwalt der Antragsteller, sagte der Berliner Zeitung: „Das Gericht hält die neue Wahlordnung für rechtswidrig und teilt unsere Argumente. Die Begrenzung des Alters von Kandidaten sowie ihre Tätigkeit für bestimmte andere jüdische Organisationen verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und ist willkürlich. Auch mit der Rechtswidrigkeit des auf eine ausschließliche Briefwahl umgestellten Wahlmodus konnten wir uns durchsetzen.“ Vor allem die Verweigerung des passiven Wahlrechts für Mitglieder anderer jüdischer Organisationen widerspreche sowohl den verfassungsrechtlichen Grundsätzen als auch dem jüdischen Recht, so das Gericht. Im Hinblick auf die Durchführung als reine Briefwahl stellt das Gericht fest, dass damit eine freie, unabhängige und persönliche Ausübung des Stimmrechts nicht sichergestellt sei.
Von der Jüdischen Gemeinde zu Berlin lag zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch keine Stellungnahme vor. Die Gemeinde hatte die Zuständigkeit des Gerichts beim Zentralrat bestritten und darauf verwiesen, dass sie die neue Wahlordnung in einem Normenkontrollverfahren bei ihrem eigenen Schiedsausschuss habe prüfen lassen. Das Gericht entschied jedoch, dass der Schiedsausschuss der Gemeinde lediglich für die Auslegung der Satzung, nicht jedoch für Feststellung der Nichtigkeit der Satzung oder „gestaltende Entscheidungen über die Wirksamkeit der Satzung oder der auf ihr beruhenden Ordnungen“ zuständig sei.
