Landgericht Berlin

Mit dem Küchenmesser: Ex-Fußballprofi sticht in Berlin seinem Schwager ins Herz

Nach dem Ende seiner Profikarriere und einer Scheidung wurde Dragisa P. Alkoholiker. Jetzt steht er wegen Totschlags vor Gericht.

Dragisa P. muss sich vor einer Schwurgerichtskammer wegen Totschlags verantworten.
Dragisa P. muss sich vor einer Schwurgerichtskammer wegen Totschlags verantworten.Pressefoto Wagner

Der Mann auf dem Foto hat Lachfalten um die Augen und trägt die Sonnenbrille lässig auf die kurzen grauen Haare geschoben. Zoran R. hatte Epilepsie, er war halbseitig gelähmt. Im Sommer vorigen Jahres starb der Familienvater. Nicht an seiner Krankheit; ein einziger Messerstich machte seinem Leben ein Ende. Er wurde 53 Jahre alt.

Seit diesem Montag muss sich Dragisa P. vor einer Schwurgerichtskammer des Berliner Landgerichts verantworten. Philipp Hujo, der Staatsanwalt, wirft dem 46-Jährigen Totschlag und gefährliche Körperverletzung vor. Dragisa P. soll Zoran R. umgebracht haben, den Bruder seiner damaligen Lebensgefährtin.

Am Nachmittag des 25. August 2022 soll der kräftige Angeklagte, der aus Serbien stammt, zunächst seiner Lebensgefährtin Radica D. an der Wohnungstür ihres Bruders mehrfach auf den Mund geschlagen haben. Gegen 18.20 Uhr soll Radica D. zusammen mit ihrem Bruder zu der gemeinsamen Wohnung des Paares am Eichborndamm in Wittenau gegangen sein. Zoran R. habe seine Schwester beschützen, den Angeklagten wegen der Schläge und „des allgemein wenig freundlichen Umgangs mit seiner Schwester zur Rede“ stellen wollen, sagt Staatsanwalt Hujo.

Im Hinterhof des Hauses sollen die beiden Männer in Streit geraten sein. Dabei sei Zoran R. von dem Angeklagten zu Boden gestoßen worden, heißt es in der Anklage. Dann soll Dragisa P. ein Küchenmesser aus der Hosentasche gezogen und einmal kräftig unterhalb des Brustbeins auf den 53-Jährigen eingestochen haben. „Wobei er tödliche Verletzungen für möglich hielt“, erklärt der Staatsanwalt.

Einen zweiten Stich konnte die Schwester von Zoran R. offenbar abwehren, indem sie ihre Hand schützend vor ihren Bruder hielt. Dadurch sei die Hand von Radica D. getroffen worden, so die Anklage. Anschließend floh der mutmaßliche Messerstecher vom Tatort.

Zoran R. starb an einer Stichverletzung. Er wurde nur 53 Jahre alt. 
Zoran R. starb an einer Stichverletzung. Er wurde nur 53 Jahre alt. Pressefoto Wagner

Der schwer verletzte Mann konnte sich noch aufrappeln und in die Wohnung seiner Schwester im Erdgeschoss des Hinterhauses schleppen. Dort brach Zoran R. zusammen und verlor das Bewusstsein.

Rettungskräften gelang es zunächst, ihn zu reanimieren. Er wurde ins Virchow-Klinikum gebracht. Trotz einer Notoperation verstarb er gegen 20.30 Uhr an den erlittenen Verletzungen. Das Messer hatte die Leber, das Zwerchfell sowie die rechte Herzkranzschlagader verletzt.

Dragisa P. war zur Tatzeit betrunken

Dragisa P. war später an den Tatort zurückgekehrt, wo er festgenommen werden konnte. Er war zur Tatzeit offenbar betrunken. Eine Atemalkoholkontrolle drei Stunden nach der Messerattacke soll einen Wert von rund 1,9 Promille ergeben haben. Zur Tatzeit hatte er demnach vermutlich etwa drei Promille Alkohol im Blut. Er ist nicht vorbestraft.

In seiner Heimat Serbien soll der Angeklagte kein Unbekannter sein. Er war Profifußballer, verdiente sich später als Bauklempner etwas dazu. Als im Jahr 2015 seine erste Ehe geschieden wurde, verfiel er dem Alkohol. Er ging nach Frankreich, arbeitete dort als Erntehelfer und in einem Geflügelschlachtbetrieb.

Dann lernte er im Internet Radica D. kennen, die in Deutschland als Reinigungskraft arbeitete. Im Jahr 2020 wurden sie ein Paar. Immer häufiger allerdings soll es Streit wegen seines Alkoholkonsums gegeben haben.

Dragisa P. sagt an diesem ersten Verhandlungstag kein Wort. Er lässt seinen Verteidiger zu den Vorwürfen Stellung nehmen. Sein Mandant gebe zu, dass er am Tattag einen Messerstich ausgeführt habe. „Er möchte sich dafür entschuldigen.“ Dem Angeklagten gegenüber sitzt Jelena P., die Tochter des getöteten Mannes. Sie ist in dem Verfahren Nebenklägerin.

Für das Verfahren vor der 35. großen Strafkammer sind insgesamt vier Verhandlungstage terminiert. In einer Woche soll die Lebensgefährtin des Angeklagten als Zeugin gehört werden. Ein Urteil gegen Dragisa P. könnte die Kammer Ende April sprechen.