Es gibt Sätze, die ich nicht mehr hören kann. Dabei geht es nicht um Sprüche wie: „Der nächste freie Mitarbeiter wird sich um Sie kümmern“, sondern um Sätze wie: „Wenn das alle machen würden.“
Das hörten wir neulich bei einem Umzug nach Lichtenberg. Ein Kleinbus voller Regale und ein paar Kartons. Eine ganz schnelle Angelegenheit. Denn hinterm Haus mit der neuen Wohnung der Freunde war eine Zufahrt. Als wir hinein wollten, kam eine Frau angerannt: „Das dürfen Sie nicht. Das ist eine Feuerwehrzufahrt.“
Wir sagten, dass wir alles schnell vorm Haus abstellen, dann ist das Auto in zehn Minuten wieder weg. Sie sagte: „Nein.“ Sie habe neulich bei ihrem Umzug den Weg auch nicht genutzt. „Das ist verboten.“ Ihre Möbel wurden über die Tiefgarage gebracht. Nicht von ihr selbst, sondern von einer Umzugsfirma.
Wir aber waren keine bezahlten Möbelpacker, deshalb sagte unser Fahrer: „Die Tiefgarage ist gesperrt, die wird seit gestern saniert. Wir müssten die Möbel jetzt 300 statt 30 Meter schleppen.“ Die Frau sagte: „Das ist Ihr Problem.“ Sie wollte den Weg nicht freigeben: „Wenn das jeder machen würde.“
Ja? Was wäre dann? Dann würden alle das machen, wofür Menschen solche wunderbaren Straßen bauen: darauf fahren.
Aus der allertiefsten Provinz
No way. Die Frau blieb hart. Natürlich muss man sie auch verstehen: Sie ist neu in der Stadt, ihr Auto hat noch ein Kennzeichen aus der allertiefsten Provinz. Da sind die Sitten strenger. Natürlich sind Halteverbote eigentlich heilig, aber in dieser unheiligen Stadt interessieren solche Schilder fast überall fast niemanden. Und das hier war ein Umzug. Nur zehn Minuten. Ist Berlin nicht die Stadt der Toleranz?
Berlin ist auch eine Stadt, in der Umzüge recht selten geworden sind. Früher musste ich jedes Jahr bei mindestens drei Umzügen helfen. Heute höchstens alle drei Jahre bei einem. Das liegt nicht nur daran, dass wir sesshaft geworden sind, sondern daran, dass kaum noch jemand umziehen kann. Es gibt einfach keine freie Wohnung und wenn, dann ist sie mindestens doppelt so teuer wie die davor. Deshalb verbarrikadieren sich Mieter – my home is my castle. Und wenn dann jemand an ihre Burg kommt und in die Feuerwehrzufahrt eindringen will, dann wird mit der Polizei gedroht.
Was sollten wir tun? Uns der Diktatur der Rechthaberin unterwerfen oder berlinerisch sein, rebellisch? Der Fahrer sagte: „Ich will es mir nicht gleich am ersten Tag mit Nachbarn versauen.“ Also buckelten wir die Möbel 300 statt 30 Meter.


