Nicht nur zu Hause ist es für die Deutschen teurer geworden, auch auf ihrer beliebten Ferieninsel Mallorca müssen sie für Lebensmittel mehr zahlen. Die Berliner Zeitung hat die Berliner Auswanderer Hans-Joachim und Dagmar Stiebenz in der Tourismus-Hochburg Cala Millor getroffen. Sie erzählen, wie sie die Preissteigerungskrise dort erleben und wie sie damit umgehen.
Das Paar sitzt bei 30 Grad im Schatten auf der Terrasse ihres Appartements in Cala Millor. Nur 50 Meter vom Strand entfernt, gelegen in einer ruhigen Seitenstraße. Gerade hat der staatliche Wetterdienst auf den Balearen eine Hitzewarnung herausgegeben. Dagmar Stiebenz und ihr Mann finden unter ihrer Markise Schutz vor den steigenden Temperaturen.
Die deutsche Rentnerin hat einen Käsekuchen gebacken. „Wir müssen jetzt mehr auf den Cent schauen als früher“, sagt die 73-jährige Rentnerin, während sie die Stücke portioniert und den Kaffee serviert.
Die Preissteigerungskrise ist auch auf Mallorca angekommen, und die Berliner Rentner zahlen für manche Lebensmittel nun das Doppelte oder noch mehr. „Für fünf Kilo Kartoffeln zahle ich 7,49 Euro, früher waren es mal 3,50 Euro“, sagt Dagmar Stiebenz. Auf des Deutschen liebstes Gemüse verzichte sie nun ganz und koche dafür lieber Reis und Nudeln, so betont sie.
Die Überraschung hat ihr Ehemann heute früh erlebt, als er wie immer kurz nach dem Frühstück frisches Obst bei einem spanischen Discounter um die Ecke holte: „Ein Kilo Wassermelone kostet 7,58 Euro. Das ist echt irre“, berichtet er. Die habe vorher um die vier Euro gekostet.
Er zeigt sein Haushaltsbuch, dahinter hat er den Preis von vor zwei Jahren geschrieben. 500 Gramm Vollkornbrot in Scheiben 1,99 Euro (vorher 1,49 Euro), ein Kilo Kirschen 7,90 Euro (vorher 5,99 Euro), 500 Gramm Tomaten zwei Euro (vorher 1,25 Euro), eine Packung Salzstangen 2,49 Euro (vorher 1,29 Euro). Dosenpfirsiche (820 Gramm) 2,79 Euro (vorher 1,39 Euro). Für ihren Einkauf zahlen sie heute im Schnitt sieben bis zehn Euro mehr.
„In den kleinen Supermärkten an der Strandpromenade zocken sie die Urlaubsgäste jetzt richtig ab. Da kosten 500 Gramm Käse schon sieben bis acht Euro“, berichtet Dagmar Stiebenz. Der Preis für eine Tüte Chips, in Deutschland hergestellt, liege bei 5,58 Euro. Die deutschen Importe kaufe sie gar nicht mehr, weil „die Preise Wucher“ seien, findet die gebürtige Berlinerin.

Kaufverhalten ändern
Das Paar musste sein Kaufverhalten ändern, um künftig über die Runden zu kommen. „Wir schauen jetzt immer nach den Sonderangeboten und kaufen auch Lebensmittel, deren Mindesthaltbarkeitsdatum in wenigen Tagen abläuft“, erklärt Dagmar Stiebenz und zeigt einen spanischen Werbeprospekt. „Den bekommen wir hier auch wie in Deutschland in den Briefkasten geworfen.“
Sie essen viel Huhn, weil sich der Preis bei Geflügel einigermaßen stabil gehalten habe oder auch mal zwei Tage am Stück Grießbrei. „Das reißt dann die hohen Kosten wieder raus“, sagt die Rentnerin.
Sie kocht Essen für mehrere Tage und friert auch gelegentlich etwas ein, wenn sie zu viel gemacht hat. „Käse-Reste zum Beispiel reibe ich vorher und danach packe ich sie in einem verschließbaren Plastikbeutel in den Eisschrank. Danach kann ich ihn noch hervorragend zum Überbacken nehmen.“
Dagmar Stiebenz gehört zu einer Generation, die nie etwas wegschmeißt. Selbst den Boden des Käsekuchens hat sie aus eingefrorenen Keksresten verarbeitet. Jammern hilft nicht, lieber pragmatische Lösungen schaffen, ist ihr Lebensmotto. Sie hat schon ganz andere Schicksalsschläge erlebt. Vor fünf Jahren starb ihr Sohn an Krebs.
Und sie gewinnt jeder noch so schlimmen Situation noch etwas Positives ab. Solche Lebenssituationen eignen sich auch dafür, mal genau hinzuschauen, was ich eigentlich brauche. „Auf Fanta oder das Kugel-Eis an der Promenade muss ich dann eben mal verzichten“, sagt sie.
Für drei Kugeln Eis mit Sahne, die sie mit ihrem Mann immer nach einer gemeinsamen Fahrradtour genossen hat, zahle sie inzwischen fünf Euro. „Da sind wir zu zweit gleich zehn Euro los. Das können wir uns nicht mehr oft leisten“, sagt sie.
Doch den Stiebenz geht es auf Mallorca auch bei den steigenden Kosten besser, als wenn sie in Deutschland geblieben wären, davon sind sie überzeugt. „Unsere Rente hätte in Berlin hinten und vorn nicht gereicht“, glaubt Dagmar Stiebenz. Gemeinsam hätten sie im Monat 1240 Euro netto zur Verfügung.
Vor elf Jahren nach Mallorca ausgewandert
Ihr Ehemann und sie haben in Spandau gelebt, selbstständig in der Gastronomie gearbeitet, bevor sie vor elf Jahren nach Mallorca ausgewandert sind, um dort sorgenfreier zu leben.
In Cala Millor zahlen sie für ihre Dreizimmerwohnung (60 Quadratmeter) einen sehr geringen Mietpreis, den sie in Berlin nie bekommen hätten und nicht nennen wollen. Für ihre Dreizimmerwohnung in Spandau hätten sie heute mehr als 800 Euro zahlen müssen, weiß ihr Ehemann von ehemaligen Nachbarn.




