Im Januar 2020 kam ich zurück zur Berliner Zeitung, und drei Monate später begann der erste Corona-Lockdown. Seitdem arbeite ich fast durchgehend im Homeoffice. Ich bin dankbar dafür. Zunächst einmal: Ich mag mein Zuhause, den Blick aus dem Fenster. Ich mag es, morgens aufzustehen, bequeme Kleider anzuziehen, die Zeitung zu lesen und mich an meinen Schreibtisch zu setzen. Voller Neugierde, wohin das Nachdenken über die Welt mich heute führt und welche Sätze es mir diktiert.
Ich mag es, die Geräusche meiner Familie zu hören, das Klirren der Löffel in den Müslischalen, den Sohn, der erst zur zweiten Stunde in die Schule muss und dann am Frühstücktisch noch „Blackbird“ von den Beatles hört. Dann ist es erst einmal still, und am Nachmittag kommen die Kinder aus ihren Schulen zurück, setzen sich in das Wohnzimmer, in dem ich arbeite, mit Büchern, Tablets, Hausaufgabenzetteln. Und wir sind zusammen, doch jeder in seiner Welt.
Schon vor Corona war ich eine durchtrainierte Homeoffice-Arbeiterin. Als Mutter von vier Kindern war das sozusagen meine einzige Chance, in ihrer Nähe zu sein und gleichzeitig beruflich etwas leisten zu können. Ich brauche nicht das strenge Auge eines Chefs, um mich zu motivieren. Und nach klingelnden Paketboten, fast vergessenen Zahnarztterminen und Kindern, die sagen: „Mir ist langweilig! Weißt du, was ich machen kann?“ finde ich schnell wieder in den assoziativen Strom meines Textes zurück.
Doch lange war ich „Freie“ und nicht wie heute als Redakteurin in die vielfältigen Kommunikationsprozesse eines Unternehmens eingebunden. Es war mein großes Glück, dass ich anfangs drei analoge Monate hatte, um meine Kollegen von Angesicht zu Angesicht kennenzulernen.
Staunen, dass eine ganze Zeitung aus dem Homeoffice entsteht
Die Umstellung des Berliner Verlags auf den Digitalbetrieb war gerade abgeschlossen, als der erste Lockdown kam. Und staunend verfolgte ich, dass es plötzlich möglich war, eine ganze Zeitung aus dem Homeoffice heraus herzustellen. Dieses Staunen hält an: Dass die Kommunikation mit den Kollegen im Grunde gut „funktioniert“. Dass die Absprachen ungeheuer effizient sind, konstruktiv und freundlich.
Natürlich ist es auch ein Verlust, die Gesichter der Kollegen nicht mehr zu sehen, die Augen, die Bewegung der Hände. Mein Eindruck ist, dass durch die Unsichtbarkeit der Körper auch eine seelische Qualität verloren geht, eine Beziehungsqualität. Die guten Gespräche fehlen, das Absichtslose und die Albernheit.
Zugleich hat Corona die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auf eine neue Stufe gestellt. Trotz einer 50- bis 60-Stunden-Woche konnte ich einigermaßen präsent sein im Leben meiner Kinder. Wir konnten zusammen kochen, essen, lachen, ich konnte die diversen Aufbrüche moderieren, die Tür öffnen für ihre Freundinnen und Freunde.



