Rassismus

„Der wollte mir an die Kehle“: Prince Ofori sagt gegen Aldi-Filialleiter aus

Nach einem rassistischen Vorfall in einer Neuköllner Aldi-Filiale sagt der Geschädigte vor Gericht aus. Es geht um Körperverletzung und Beleidigung.

Prince Ofori sagte zu einem rassistischen Vorfall bei Aldi aus.
Prince Ofori sagte zu einem rassistischen Vorfall bei Aldi aus.Sabine Gudath

Prince Ofori holt mit der rechten Hand aus und wirft einen imaginären Karton. Er richtet den Blick fest auf Stephan P., der sich mit verschränkten Armen auf die Anklagebank gegenüber stützt. Dann trippelt Ofori seitwärts am Tisch vor ihm entlang, um zu zeigen, wie der Angeklagte vor etwa zwei Jahren um Metallkörbe herum auf ihn zu ging. Eine ältere Dame habe den Aldi-Filialleiter dann zurückgehalten, sagt Ofori.

„Er wollte mich nicht warnen“, sagt er. „Der wollte mir an die Kehle.“ Ofori senkt den Kopf und murmelt, mehr zu sich selbst als zur Richterin gewandt: „Der wollte zu mir.“ Prince Ofori sagt zum ersten Mal zu den Vorwürfen aus, die nach dem Streit in einer Aldi-Filiale in Neukölln nun vor Gericht in verschiedenen Verfahren geklärt werden.

Im April 2021 ging Prince Ofori einkaufen. Er bemerkte einen älteren Mann, der seinen Sohn fragte, ob sie sich denn N***küsse gönnen sollten. Der Filialleiter mischte sich in die daran anknüpfende Diskussion ein und wies Ofori an, den Laden zu verlassen. In diesen Punkten stimmen die Zeugen überein. Ofori filmte daraufhin, wie sich eine Menschentraube um ihn bildete, der Filialleiter einen Karton in seine Richtung warf und die rassistische Fremdbezeichnung rechtfertigte. Das Video ging auf Instagram viral und hatte über acht Millionen Klicks.

„Ich wünsche mir immer noch eine Entschuldigung“

In diesem Strafverfahren im Amtsgericht Tiergarten geht es um versuchte Körperverletzung wegen des Kartonwurfs. Die Richterin entscheidet am Ende des Prozesstages, dass zusätzlich die Beleidigung in den Strafantrag aufgenommen wird. Oforis Anwalt Grimm verbucht das als „kleinen Erfolg“. Er sagt: „Darum geht es ja: um eine Herabsetzung mit beleidigendem Charakter.“

Zwischen fünf und zehn Unterstützer von Ofori nehmen auf den Zuschauerbänken Platz. Auf Instagram hatte der Tanzpädagoge dazu aufgerufen, am Prozess als Beobachter teilzunehmen. Die Aussage sei schwer für ihn gewesen, sagt er. Er wollte Menschen dabeihaben, die ihn verstehen.

„Ich war traumatisiert“, sagt Prince Ofori. „Es war ein Gefühl, als ob jederzeit alles passieren könnte.“ Er habe nach dem Vorfall das erste Mal in seinem Leben starke Kopfschmerzen gehabt, die seitdem in Stresssituationen wiederkehrten. Nach der Veröffentlichung des Instagram-Videos wurde der Filialleiter entlassen. Ofori habe daraufhin Drohungen erhalten, sagt er, unter anderem ein bearbeitetes Bild mit einer Axt in seinem Kopf.

Während seiner Aussage betont Prince Ofori immer wieder, dass es mit einer Entschuldigung getan wäre. Schon als die Polizei bei Aldi ankam, sei das seine einzige Forderung gewesen. Die Entschuldigung wünsche er sich immer noch und dass Stephan P. daraus lernt. „Es geht mir darum, dass man versteht, dass dieses Wort Menschen einfach verletzt“, sagt er. „Auch wenn du mir einen Karton gegen den Kopf geworfen hast, das wäre dann okay.“

Die Anwälte rufen wild durcheinander

Der Verteidiger sagt, dass Prince Ofori die Abschlusserklärung im Zivilverfahren nicht unterschrieben habe, in der er bestätigt, das Video nicht wieder zu veröffentlichen. Daraufhin diskutieren die beiden Anwälte wild durcheinander – es geht um das Zivilverfahren in der nächsten Woche: Stephan P. habe die Schmerzensgeldforderung zurückgezogen, sagt der Verteidiger. Grimm entgegnet, dass immer noch ein Schadensersatz Gegenstand wäre, der nach einer Feststellung in späteren Verfahren eingeklagt werden könnte.

„Aber wir wollen eine Entschuldigung“, sagt Oforis Frau, die im Publikum sitzt. Einige Zuschauer lachen leise. Als die Streitereien immer lauter werden, rufen Richterin und Staatsanwältin dazwischen und verweisen darauf, dass der Verteidiger stattdessen von seinem Fragerecht Gebrauch machen solle.

Ein neuer Streit entbrennt über die Worte „Rechtfertigung“ und „Beleidigung“. Der Verteidiger besteht darauf, dass der bloße Verweis darauf, dass die rassistische Fremdbezeichnung nicht verboten sei, keine Rechtfertigung ist. Er will außerdem genau hören, welche Worte gefallen sind. Oforis Anwalt spricht dagegen von einer Herabwürdigung, die Tat müsse man in der Gesamtschau betrachten. Sie plappern wieder durcheinander, die Richterin schließt währenddessen die Sitzung mit den Worten: „Sie dürfen jetzt weiterreden.“