Gedenken an Amokfahrt

Zum Jahrestag der Amokfahrt am Kudamm: „Es sind Autos, die töten“

Vor einem Jahr tötete ein Amokfahrer eine Lehrerin, 16 Menschen wurden verletzt, als das Auto über den Bürgersteig raste. Politiker fordert eine neue Verkehrsgestaltung. 

Trauer steht den Menschen ins Gesicht geschrieben, die am Donnerstag zur Mahnwache für die Opfer der Amokfahrt gekommen waren. 
Trauer steht den Menschen ins Gesicht geschrieben, die am Donnerstag zur Mahnwache für die Opfer der Amokfahrt gekommen waren. Kay Nietfeld/dpa

Kurz vor vier Uhr am Donnerstag steht eine kleine Gruppe in stillem Gedenken auf dem Kurfürstendamm. Es ist ein Jahr vergangen seit der Amokfahrt an der Stelle, wo eine 51-jährige Lehrerin umgekommen ist und 16 weitere Menschen verletzt wurden. „Dieser Ort braucht eine andere Verkehrsgestaltung, hier sind zu viele schlimme Dinge passiert“, sagt zu Beginn der Mahnwache Roland Stimpel, Vorsitzender des Fachverbands Fußverkehr Deutschland (FUSS). Er war als Erster vorgetreten, um eine etwa ein Meter hohe Metallfigur vorzustellen, die an den Tod der Lehrerin erinnern soll. Die Figur sei mithilfe der ehemaligen Schüler der Toten aus Bad Arolsen, Hessen, entwickelt worden.

Am 8. Juni 2022 war ein heute 30-Jähriger mit einem Auto auf dem Kurfürstendamm und dem Tauentzien in Fußgängergruppen gefahren, verletzte insgesamt 17 Menschen, die Lehrerin verlor ihr Leben. Der Fahrer wurde daraufhin wegen Mordes verurteilt und in einer psychiatrischen Anstalt untergebracht. Er hatte diagnostizierte Schizophrenie. An jenem Tag hatte er nicht genügend Medikamente zu sich genommen und war deswegen nicht im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte.

Heiner von Marshall vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) macht am Donnerstag darauf aufmerksam, dass Menschen, die ein hohes Risiko für eine Psychose haben, keine Autos lenken sollten. Menschen müssten sich dieser Verantwortung bewusst sein. Dennoch: „Es sind Autos, die töten“, sagt Marshall. „Fußgänger sterben meistens wegen einem Auto.“ Daraus müsse man Konsequenzen ziehen. Unter anderem fordert Marshall ein neues Verkehrssystem. „Menschen, die ein Kraftfahrzeug führen, müssen sich ihrer Verantwortung bewusst sein, dass sie eine potenziell tödliche Maschine bedienen.“

Die ehemaligen Schüler der Lehrerin waren ebenfalls nach Berlin gekommen, doch sie wollten nicht vor Publikum und Presse trauern, sagt Roland Stimpel von FUSS. Stattdessen würden sie zu einem späteren Zeitpunkt zurückkehren, um „in Ruhe mit ihrer akuten Trauer abzuschließen“. Viele von ihnen könnten noch immer nicht in größere Städte, da sie das Trauma der Amokfahrt dort besonders verfolge.

Das Denkmal soll von Dauer sein

Am Donnerstag begleitet sie ein ehemaliger Lehrer mit nach Berlin, der im vergangenen Jahr ebenfalls dabei war und schwer verletzt wurde. Er sollte später mit ihnen die Statue besichtigen, die nur am Donnerstag am Kudamm zu sehen war. Letztlich soll die Statue aber dauerhaft am Ort des Unfalls stehen. Roland Stimpel erklärt, er habe im vergangenen Jahr bereits zwei ähnliche Denkmale aufgestellt: Eins wurde beschädigt und das andere gestohlen.

Bezirksbürgermeisterin Kirstin Bauch (Grüne) betont in ihrer Rede, wie wichtig es sei, Mahnmale wie die Metallstatue zu errichten: „Wir müssen ein Zeichen setzen, nicht nur zum Gedenken, sondern auch, damit die jungen Menschen, die das erlebt haben, daraus irgendwann eine Kraft für ihr weiteres Leben ziehen können.“