Vor Gericht

Arafat Abou-Chaker vor fünf Jahren zu Bushido: „Wallah, ich bin dein Freund und Bruder“

93. Tag im Endlos-Prozess von Bushido gegen die vier Brüder der Abou-Chaker-Familie. Wieder wird eine Audiodatei abgespielt, die vom Streit der beiden erzählt.

Anis Mohamed Youssef Ferchichi (r.), bekannt unter dem Künstlernamen Bushido. (Archivbild)
Anis Mohamed Youssef Ferchichi (r.), bekannt unter dem Künstlernamen Bushido. (Archivbild)Monika Skolimowska/dpa

Draußen vor dem Gerichtssaal treffen am Donnerstagmorgen die Journalisten zusammen und begrüßen einander wie alte Weggefährten. Seit fast zweieinhalb Jahren kommen sie zum Saal 500 im Landgericht Moabit, um über den Prozess von Bushido gegen die vier Abou-Chaker-Brüder zu berichten. „Ob wir die 100 Prozesstage noch vollkriegen?“, fragt einer und bekommt die Antwort: „Ich wette nicht mehr, wie lange das noch geht, ich habe schon zwei Wetten verloren.“ Dann kommen die vier Angeklagten nacheinander die Treppe hoch, in Jogginghose, grüßen mürrisch. Eine Journalistin: „Sieh mal, keiner trägt einen Kaffeebecher wie sonst, es ist Ramadan.“

Arafat, Nasser, Yasser und Rommel Abou-Chaker müssen seit 93 Prozesstagen vor Gericht erscheinen, weil sie angeklagt sind, den Rapper Bushido am 18. Januar 2018 bedroht, genötigt, beleidigt, erpresst und verletzt zu haben. An jenem Tag waren die Brüder und der Rapper in einem Kreuzberger Büro zusammengekommen, um das Arbeitsverhältnis zwischen Arafat und Bushido zu beenden, so zumindest hatte es Bushido ausgesagt. Es kam zum Streit, der wohl vier Stunden dauerte. Im Prozess kam zudem heraus, dass der Rapper jahrelang unter Druck des mutmaßlichen Clanchefs gelitten habe. Ob sich das alles nachweisen lässt, ist jedoch bisher offen. 

Der Rapper selbst ist Nebenkläger, war aber schon länger nicht mehr im Verhandlungsraum dabei. Am Donnerstag nun wurde einmal mehr eine Audiodatei im Gerichtssaal vorgespielt, ein Mitschnitt, der im Internet zu finden ist und dort rund 46.000-mal angehört wurde. Der Mitschnitt wurde anonym ins Netz gestellt und dauert rund zwei Stunden. Es ist ein Gespräch zwischen zwei Männern, die einander nur noch wenig gönnen, bei dem besonders Arafat Abou-Chaker immer wieder aufbrausend wird und herumschreit. Wichtig aber ist das Datum, an dem dieses Gespräch offenbar geführt wurde: 31. März 2018. 

Dieses Gespräch vor fünf Jahren fand also nach dem großen Streit im Büro statt und war offenbar der letzte Dialog der beiden, bevor sie einander im August 2020 im Gericht wiedertrafen. Deshalb ist es schon interessant, zu hören, wie sehr sie um Details ringen: Einmal deutet Arafat an, er wolle 15 Jahre lang beteiligt werden. Bushido ruft: „15 Jahre?!?“ Er betont, er wolle mit Arafat eine vernünftige Einigung, aber deshalb müssten beide aufeinander zugehen. Arafat aufgebracht: „Ich bin immer auf dich zugekommen in all den Jahren!“ Er bezeichnet sich als Bushidos „Freund und Bruder“. Bushido entgegnet skeptisch: „Wo bist du mir denn entgegengekommen?“ Arafat aufgebracht: „Wallah! Wallah! “

Die Verteidigung der Abou-Chakers will aus diesem Gespräch herausgehört haben, dass beide auf dem Weg der friedlichen Einigung waren. Tatsächlich lässt sich das schwer sagen, zumindest nachdem der erste Teil abgespielt wurde. Zum einen geht viel bei der Audioaufnahme verloren, sie ist unverständlich und die Stimmen undeutlich. Zum anderen enden die meisten Versuche im Streit und werden abgebrochen. So kündigt Abou-Chaker nach 45 Minuten laut an: „Mein Recht wird mir niemand mehr nehmen!“ Doch ist das schon eine Drohung? 

Draußen vor dem Gerichtssaal sind sich die verschiedenen Verfahrensbeteiligten zumindest einig, dass es nicht mehr lange gehen darf, dieses Mammutverfahren. Nicht nur die Journalisten haben genug von den Stimmen der beiden Streitenden. Oberstaatsanwältin Petra Leister freut sich, dass es jetzt wieder richtig los geht. Es kommen jetzt wieder Zeugen, sagt sie der Berliner Zeitung, aber das auszustehende Programm hält sich insgesamt in Grenzen. Mit einem Urteil noch in diesem Jahr rechnen fast alle, die im Raum saßen. Doch wetten will lieber niemand mehr.