Berlin

BER-Anwohner sind verärgert: Verkommt Berlins Südosten zur Lärm-Müllhalde?

Christine Dorn kann ihren Ärger nicht verbergen. Wenn es um die Belastung durch Fluglärm geht, sorgen sich der Senat und die rot-rot-grüne Koalition vorrangig um die Anlieger des Flughafens Tegel, sagt die Frau aus Bohnsdorf

„Gleich stark betroffene BER-Anwohner werden gar nicht erst erwähnt, denn dahin soll der Fluglärm ja verschoben werden. Und nun soll der BER auch noch stark erweitert werden“, sagte die Vorsitzende des Bürgervereins Brandenburg-Berlin (BVBB). Anderthalb Wochen vor dem Tegel-Volksentscheid äußerte sie heftige Kritik. Die Probleme, die Schönefeld und der BER den dortigen Anwohnern beschert, würden ignoriert.

Der Reihersteg, in dem Christine Dorn seit vielen Jahren lebt, ist eine ruhige Wohngegend im Südosten von Berlin. Doch der Eindruck trügt: Der Bau des BER, nicht weit entfernt, hat viele Bohnsdorfer gegen Politiker und Planer aufgebracht.

In den Wohngebieten rund um Schönefeld fürchten die Bürger, dass der Lärm unerträglich wird. Sie haben den Eindruck, dass das die Politik nicht interessiert – während TXL-Anlieger von ihr unterstützt werden.

Dorn verwies auf das BER-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von 2006

Es ist diese Ungleichbehandlung, die Christine Dorn besonders nervt. „Unübersehbar ist, dass Senat und Koalition sehr selektiv allein gegenüber den Tegel-Anwohnern Besorgnis zeigen. Müssen Schönefeld-Anwohner allen Ernstes darlegen, dass sie nicht robuster sind als Tegel-Anwohner?“ fragte die Bürgeraktivistin. „Als Lärm-Müllhalde stellen sich weder die Treptow-Köpenicker noch die Brandenburger BER-Anwohner zur Verfügung.“

Koalition und Senat sorgten sich offensichtlich nur darum, dass ihnen der BER-Planfeststellungsbeschluss nicht doch noch um die Ohren fliegt. „Daher ist die Argumentation für die Tegel-Schließung sehr durchsichtig politisch geleitet, und um die Anwohner geht es dabei allenfalls nachrangig. Wem der BVBB abkaufen soll, er würde sich um die Gesundheit von Flughafenanwohnern sorgen, der muss zeigen, dass seine Sorge universell gilt.“

Auch die BER-Anlieger hätten ein Recht auf Nachtruhe, pflichtete Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar bei. Aber richtig sei auch: „Rund um den BER werden weniger Menschen vom Lärm betroffen sein als im Umfeld von Tegel.“

Dorn verwies dagegen auf das BER-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von 2006. Danach seien am neuen Flughafen in der Tat weniger Menschen von Lärm betroffen. Klar sei aber auch, dass „das dieser Gruppe abverlangte Opfer merklich größer ist“, hieß es. 

„Wir haben die BER-Anwohner nicht vergessen“

Nachtflugbeschränkungen wie in Tegel, die ein hohes Maß an Schutz gewährleisten, werde es in Schönefeld nicht geben. 2016 wurden in Tegel zwischen 23 und 6 Uhr 756 Starts und Landungen gezählt – am BER sind laut Dorn pro Jahr zwischen 23 und 24 Uhr sowie 5 und 6 Uhr 12852 Flugbewegungen möglich.

„Wir haben die BER-Anwohner nicht vergessen“, hieß es im Senat. „Der Schallschutz ist weitaus größer als anderswo“, so Finanz-Staatssekretärin Margaretha Sudhof (SPD), die Berlin im Aufsichtsrat des Flughafens vertritt. Für etwa 25.000 betroffene Haushalte würden 750 Millionen Euro bereitgestellt. Am heutigen Donnerstag will sich der Senat im Abgeordnetenhaus dazu äußern, wie es mit dem Thema weitergeht.

Wie sollen BER-Anlieger nun beim Tegel-Volksentscheid abstimmen? Am Besten gar nicht, hieß es im Südosten: „Wir unterstützen weder die Senatslinie noch rufen wir zum Eintritt in die FDP auf“, sagt Christine Dorn. „Flughäfen sind im Ballungsraum Berlin nicht mehr zeitgemäß. Das gilt sowohl für die Neu-Eröffnung des BER als auch für einen Weiterbetrieb von Tegel.“

Hans Behrbohm, Mitglied der Bürgerinitiative Friedrichshagen, formulierte es so: „Berlin braucht einen Flughafen auf der Grundlage eines bundesweiten Verkehrskonzepts. Das wird weder der BER noch Tegel sein. Die Offenhaltung von Tegel ist aber gegenwärtig richtig.“