Berlin

20 Vergewaltigungen pro Woche: Zahl der Sexualdelikte in Berlin seit 2017 massiv gestiegen

Eine Statistik offenbart neue Daten zu Sexualdelikten in der Hauptstadt. Der gefährlichste Ort für Frauen bleibt dabei mit Abstand das eigene Zuhause.

Auch wenn die Zahl der registrierten Sexualstraftaten 2022 im Vergleich zum Vorjahr etwas sank, ist sie seit 2017 drastisch angestiegen.
Auch wenn die Zahl der registrierten Sexualstraftaten 2022 im Vergleich zum Vorjahr etwas sank, ist sie seit 2017 drastisch angestiegen.imago stock&people

In Berlin gibt es immer mehr Sexualdelikte. Diese Anfragen haben es in sich: Zwei Berliner Abgeordnete wollten von der Innenverwaltung wissen, wie es wirklich um die Zahl der Sexualstraftaten in Berlin bestellt ist.

Das schreckliche Ergebnis: Während 2017 noch 4327 Straftaten gezählt wurden, ist die Zahl auf 7019 im Jahr 2021 gestiegen. Allein zwischen 2020 und 2021 wurden knapp 1700 Fälle mehr registriert. Im Jahr 2022 gingen die registrierten Sexualstraftaten allerdings zurück. Gezählt wurden 6782 Fälle. Bis zum 21. September 2023 wurden 5712 Sexualdelikte ermittelt. 

Rund 20 Vergewaltigungen pro Woche

Unter Sexualdelikten werden folgende Straftaten zusammengefasst: exhibitionistische Handlungen, sexuelle Belästigung, sexuelle Übergriffe, sexuelle Nötigung und Vergewaltigung. Vergewaltigungen machen einen vergleichsweise großen Teil der gemeldeten Sexualstraftaten aus, berichtet der Tagesspiegel. Der Antwort der Innenverwaltung zufolge registrierte die Polizei im laufenden Jahr häufig rund 20 Vergewaltigungen pro Woche. Ob es sich um Taten handelt, die alleine oder in einer Gruppe ausgeführt werden, erschließt sich laut Tagesspiegel aus der polizeilichen Erhebung nicht. Klar ist nur, dass es teilweise sogar mehr als 20 Vergewaltigungen pro Woche waren. 

Bahar Haghanipour, Sprecherin für Frauenpolitik und Gleichstellung der Grünen in Berlin, und der fraktionslose Abgeordnete Antonin Brousek, fragten die Zahl der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung aus der Polizeistatistik ab. Aus der Anfrage Haghanipours geht auch hervor, wie viele Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung an Örtlichkeiten, die dem „öffentlichen Raum“ zuzuordnen sind, mit mindestens einem weiblichen Opfer begangen worden sind. 2018 waren es noch 1036 Delikte, im Jahr 2022 bereits 1328 Taten, die beispielsweise auf der Straße, dem Gehweg, im Wald, auf dem Parkplatz oder im öffentlichen Personennahverkehr begangen wurden.

„Jede zweite Frau meidet Parks und andere öffentliche Orte nach Einbruch der Dunkelheit. Potenzielle Übergriffe sind für Frauen Teil ihrer Lebensrealität. Wer noch nicht selbst betroffen war, hat eine betroffene Freundin, Schwester oder Arbeitskollegin. Das ist ein Unding“, sagt Haghanipour. Die Zahlen der polizeilichen Kriminalstatistik seien nur die Spitze des Eisbergs. Die Dunkelziffer sei groß. Und: „Zwar erleben viele Frauen Angst im öffentlichen Raum. Der gefährlichste Ort bleibt aber ihr eigenes Zuhause.“

Opfer von sexualisierter Gewalt in den eigenen vier Wänden

Haghanipour fordert unter Berufung auf die Istanbul-Konvention, die Frauen vor häuslicher Gewalt schützen soll, die Stärkung der Aufklärungs- und Bildungsarbeit vom Kindergarten bis zur Fortbildung durch die Berliner Regierung.  „Körperliche Selbstbestimmung und Geschlechtergerechtigkeit müssen selbstverständlich werden. Erst dann werden sich Frauen und andere marginalisierte Gruppen frei und gleichberechtigt bewegen können“, sagt die Vizepräsidentin des Abgeordnetenhauses.

Einer kürzlich veröffentlichten Erhebung der Charité zufolge bleibt die Zahl der Opfer von sexualisierter häuslicher Gewalt, die Anzeige erstatten, nahezu konstant. „An der Charité verzeichnen wir pro Jahr circa 300 betroffene Erwachsene und 100 Minderjährige“, berichtet die Rechtsmedizinerin Saskia Etzold. Es dürfte wohl noch weit häufiger zu solchen Straftaten kommen, die Berliner Justiz verzeichnet jährlich etwa 15.000 Anzeigen wegen häuslicher Gewalt.