Impfung von Kindern in Berlin

Neuköllner Schulleiter Robert Giese erhält E-Mail von Impfgegnern

Die Mail kam kurz nachdem an der Neuköllner Schule mit Kinderimpfungen begonnen wurde. Der Leiter vermutet: Sie ist nicht von den Eltern.

An zwölf Berliner Schulen gibt es seit dieser Woche ein Impfangebot für Kinder.
An zwölf Berliner Schulen gibt es seit dieser Woche ein Impfangebot für Kinder.dpa

Berlin-Es ist der Unterton, der ihn beunruhigt. Die Mail, die der Schulleiter der Fritz-Karsen-Schule am Donnerstag von einem anonymen Absender erhielt, ist unterschrieben im Auftrag des „FKS-Eltern Netzwerk“. Sie beinhaltet eine Liste von Fragen. Der Absender schreibt an drei Stellen  aus der Position von „vielen Eltern“. Ob die Aktion dazu diene, Kinder „zur Impfung zu verleiten“? Wieso die Schule „zusehends politisiert“ werde? Ob Kinder „verschont“ würden, die keine Impfung wollten? Ob ungeimpfte Kinder „markiert“ würden? Und, zuletzt: „Werden Sie, Herr Giese, privat für Impfschäden der Kinder haften?“

Der Schulleiter der Neuköllner Schule, Robert Giese, erkennt in diesen Formulierungen den Ton aus dem Spektrum der Corona-Leugner. Das Schreiben ist an ihn direkt gerichtet. „Offensichtlich ist das Schreiben nicht von Eltern“, sagt Giese. „Das sind doch keine ernst gemeinten Fragen.“ Er fühle sich nicht bedroht, sagt er, was ihn jedoch erschrecke, seien die „schrägen Informationen“ in der E-Mail. Giese sagt: „Da stecken so viele Unterstellungen drin, das ist das Ärgerliche.“

Giese: Das Einzige, was hilft, ist Offenheit

Die Fritz-Karsen-Schule ist eine von zwölf Berliner Schulen, die in vom Schulbetrieb getrennten Bereichen seit Mittwoch als Standort für Kinderimpfungen Platz gemacht haben. Wissend, dass seitens der Corona-Leugner und Impfgegner Protest kommen könnte, war seit Beginn der Aktion auch die Polizei vor Ort. Die Senatsverwaltung für Gesundheit war für die Organisation und Koordination an den Standorten verantwortlich, die neben den drei Berliner Impfzentren ein zusätzliches Angebot für die Impfungen von Kindern sein sollen.

Bewusst waren die politisch Verantwortlichen zurückhaltend mit der Veröffentlichung der Standorte umgegangen. Doch um einen möglichst großen Teil der Bevölkerung vor dem Coronavirus zu schützen, ist laut wissenschaftlichen Expertinnen und Experten neben anderen Maßnahmen auch eine hohe Impfquote entscheidend. Die Standorte geheim zu halten, ist also keine Option. „Das Einzige, was hilft, ist Offenheit und ein öffentlicher Umgang damit“, sagt deshalb auch Robert Giese, der nicht zum ersten Mal derartige Schreiben erhalten hat. Wenn sich Eltern seiner Schulkinder an ihn wenden, um über die Impfung mehr zu erfahren, reagiere er darauf. Auf das anonyme Schreiben wird er nicht antworten. „Die sollen den Blödsinn lassen“, sagt Giese. Er habe aber die Schulaufsicht informiert.

Werden Impfkabinen ab- und wieder aufgebaut?

Dabei ist der Schulleiter mit der Durchführung der Impfaktion selbst nicht zufrieden. Die ersten Kinder sollten eigentlich schon ab Mittwoch geimpft werden, aber an zwei der zwölf Standorte scheiterte die Aktion an fehlenden Impfkabinen. In Neukölln und Marzahn konnten die Impfungen deshalb erst am Donnerstag beginnen. Die Senatsverwaltung habe ihre Pläne zu schnell verkündet und erst darauf mit der Organisation begonnen, kritisiert Giese. Senatorin Dilek Kalayci (SPD) habe sich für einen Pressetermin am Donnerstag an seiner Schule angekündigt und sei dann einfach nicht aufgetaucht. Ohne abzusagen.

„Die Senatsverwaltung interessiert sich nicht dafür, was die Basis macht“, sagt Giese. Die Politik ignoriere die Belange derjenigen, die die Maßnahmen umsetzen müssten. Am Donnerstag hatten auch die Hilfsorganisationen, die die mobilen Impfteams stellen, die nachlässige Kommunikation der politisch Verantwortlichen kritisiert. Und die Verwirrung um die Schulen als Impfangebot scheint noch nicht vorbei zu sein.

Denn die Mini-Impfzentren an den Schulen sollen am Sonntag schon wieder abgebaut und am Montag an anderen Schulen im jeweiligen Bezirk wieder aufgebaut werden. Aus anderen Schulen erreichten ihn bereits Fragen dazu, sagt Giese. Über das Vorhaben sei er entsetzt. „Wir haben extra die Aula freigemacht.“

Die Gesundheitsverwaltung bestätigte auf Anfrage, dass ab Montag in zehn Bezirken die Impfkabinen zu anderen Schulen umgezogen würden, um die Aktion dort fortzusetzen. Es ginge darum, möglichst vielen Erziehungsberechtigten und deren Kindern ein Impfangebot machen zu können, sagte ein Sprecher. Zudem solle so die Belastung für die Schulen möglichst klein gehalten werden, indem die Standorte wechseln. Eltern und Erziehungsberechtigte sollten durch die Wechsel ein Impfangebot möglichst nah an ihrem Wohnort bekommen. An welchen Schulen in der kommenden Woche geimpft wird, wird über die Bezirksämter an die Schulen kommuniziert, sagte der Sprecher. Und deren Leitungen wiederum würden die Eltern informieren.