Kochshows sind ein nicht totzukriegender Trend. Jahrein, jahraus wird auf allen Kanälen gebrutzelt, gebraten und gedünstet. Ob „Grill den Henssler“, „Das perfekte Dinner“ oder „The Taste“, Fernsehsender produzieren Staffel um Staffel, längst ist die öffentliche Essenszubereitung auch auf Social Media angekommen.
Wer bei Facebook, Instagram oder TikTok einmal ein Food-Thema angeklickt hat, wird bombardiert mit Kochvideos. Auch Influencer und Promis setzen längst auf Küchen statt auf den Kleiderschrank. Kein Wunder, lassen sich doch mit Product-Placement oder als Markenbotschafter geschmeidig die Einkünfte aufbessern. Zudem zeigt man sich als Promi-Koch der Gefolgschaft nahbar und bodenständig. Das haben etliche Celebrities verstanden – nur: Nicht alle liefern am Herd auch ordentlich ab.
1. Paris Hilton: Mit dem Handschuh am Hackfleischklotz
Keine Frage, Paris Hilton ist ein Medienprofi, vor und hinter der Kamera. Sie könnte auch Heimwerkertipps geben, am Spinnrad sitzen oder den Rasen vertikutieren – die Leute würden es anschauen. Doch das It-Girl von einst geht lieber mit dem Zeitgeist und in die Küche. Für die Netflix-Produktion „Cooking With Paris“ drehte sie 2021 sechs Folgen, nachdem ein YouTube-Video, das sie bei der Zubereitung einer hausgemachten Lasagne zeigt, durch die Decke gegangen war.
Man kann den Blick auch kaum abwenden bei dieser überperfekt durchgestylten Show, die jedes Klischee, das man über die amerikanische Küche haben kann, bestätigt. Kochmuffeln treibt das Gebaren der Hotelerbin Tränen der Erleichterung in die Augen: Seht, sie ist eine von uns! Profis weinen vor Entsetzen ob der dargebotenen Fertigkeiten der 42-Jährigen, die selbstbewusst beteuert, sie sei eine tolle Köchin und habe schon als kleines Mädchen mit ihrer Mama gebacken und Pasta zubereitet.
Doch während ihre perfekt manikürten, behandschuhten Finger das Hackfleisch aus der Plastikpackung pulen, die Lasagneplatten in viel zu wenig kaltes (!) Wasser gleiten, sie ihre Assistentin verflucht, weil die keinen geriebenen Mozzarella gekauft hat und sie diesen nun selbst reiben muss, entlarvt sich Hilton gleich selbst der Lüge. Ihr Lächeln verrät, sie weiß das natürlich alles, und überhaupt sind ja die Handyfotos und das Posten mit den richtigen Hashtags viel wichtiger.
Hilton stakst durch die Küche wie ein Fremdkörper, sie findet nicht die richtigen Schüsseln und nicht das richtige Rührwerkzeug, sie vergisst die Zwiebeln und den Knoblauch und erklärt mit fast schon rührendem Ernst, dass man das Fleisch lieber in Olivenöl statt in Butter anbraten sollte. Ach was!
Es ist zum Schreien – und gleichzeitig wahnsinnig unterhaltsam. Schade, dass Hilton sich für die Netflix-Sause prominente Freundinnen wie Kim Kardashian und Demi Lovato an die Seite geholt hat. Die hätte es gar nicht gebraucht. Wie die grandiose Lasagne-Folge zeigt, darf sich Paris Hilton in der Küche ruhig selbst genug sein.
2. Dolly Parton: Dolly backt einen Kuchen mit Zucker und Guss und viel Liebe
Gleich vorweg: Es ist vollkommen egal, was Dolly Parton in ihrer Studioküche, die wohl auch ihre echte sein könnte, kocht. Es ist total egal, was Dolly backt, zubereitet, anrichtet, glasiert, süßt, bestreut, schichtet oder präsentiert. Dolly Parton könnte einen alten Putzlappen frittieren und uns auf den Teller legen, wir würden jauchzen und beherzt zu Messer und Gabel greifen.
Denn hauptsächlich macht die Musikerin, die mehr als 100 Millionen Alben verkauft hat, Schwerverdauliches und üppig Gesottenes in ihrer Küche. Natürlich in Pink, natürlich mit einer unglaublich schlimmen blonden Perücke angetan und natürlich wie immer so unfassbar sympathisch, dass man ihr all seine Sorgen und all sein Leid über den Zuckerguss hinweg anvertrauen möchte.
Gibt es irgendjemanden auf der Welt, der für sofortigen Frieden an einem Verhandlungstisch sorgen würde? Irgendjemanden, dem wir die zu fettigen Scones aus der Hand reißen würden, nur um sie glücklich zu machen? Die Antwort lautet: Ja, es ist Dolly Parton. Die Herzenswärme dieser Frau transportiert sich über jede Sendesekunde, und ihr Humor ersetzt jede Insulinspritze, die wir uns schon beim Anblick ihrer Backwaren setzen möchten.
3. Selena Gomez: Ohne jedes Talent, dafür mit Oma
„Das schaut furchtbar aus, der totale Reinfall“, sagt Selena Gomez, während sie etwas vom Backblech kratzt, das nach angesengten zurechtgerissenen Papierstücken in Olivenöl aussieht. Immerhin: Die Frau ist eine selbstkritische Realistin. Und das ist keine schlechte Eigenschaft für jemanden, der eine Kochshow moderiert, ohne selbst auch nur ansatzweise kochen zu können. Das aber ist die Idee von „Selena + Chef“, der HBO-Max-Serie, die jetzt bereits vier Staffeln zählt: Die in der Küche völlig talentfreie Schauspielerin und Sängerin lässt sich darin von geübten, mitunter berühmten Köchinnen und Köchen ihr Handwerk erklären.
Von Curtis Stone zum Beispiel, einem australischen Fernsehkoch mit Michelin-Stern: Per Videoanruf wird Stone in die absurd große Privatküche seiner Schülerin geschaltet, die hier als Drehort dient. Wie die anderen Profis in der Show hat auch er sich ein Menü überlegt, das Gomez nachkochen soll. Und weil auch Stone offenbar Realist ist, bittet er seine fahrige Schülerin um ein Steak-Sandwich, was ja im Grunde nur heißt, ein Stück Fleisch anzubraten und es mit anderen Zutaten wie Zwiebeln, Käse und Sour Cream auf einer Scheibe Brot zu drapieren. Dazu soll es hausgemachte Chips mit Salz und Essig geben – was zu besagten angekokelten Papierfetzen führt. Aus Fehlern aber lernt man, nicht nur aus den eigenen, sondern auch aus jenen, die Gomez macht, so die pädagogische Idee hinter „Selena + Chef“.
Tatsächlich handelt es sich um eine durchaus unterhaltsame, ungekünstelte Koch-Serie, in der sich Gomez als charmante Gastgeberin erweist. Die Show wirkt angenehm persönlich, was nicht erst daher rührt, dass sie, wie gesagt, in Gomez’ Gigaküche produziert wird. Zusätzlich tummelt sich auch die buckelige Verwandtschaft des Stars gelegentlich vor der Kamera; ihr in der Küche recht behände wirkender Vater zum Beispiel, oder die Großmutter, die ihre Enkelin in typisch großmütterlicher Gutmütigkeit vor allzu herben Katastrophen bewahrt. In der Folge mit den Papier-Chips war Oma leider nicht dabei.
Brooklyn Beckham: Im Zeitraffer am Butterfass
Instagramer haben nicht viel Zeit. Es muss schnell gehen, beim Scrollen durch den Feed will man sich nicht allzu lange aufhalten. Brooklyn Beckham weiß das, daher kommen seine 15 Millionen Follower in den Genuss von Zeitraffer-Kochvideos. Die tätowierten Hände des ältesten Sohnes von David und Victoria Beckham schnippeln im Schnelldurchlauf Möhren und Fleisch, ratzfatz ist der Sunday Roast zubereitet.
Die Videos des 24-jährigen Hobbykochs sind professionell produziert. Die New York Post berichtete, Brooklyn Beckham habe ein Team von über 60 Fachleuten zur Hand, darunter ein „kulinarischer Produzent“, der die Rezepte absegne, fünf Kameraleute und neun Produzenten. Jede Folge der Beckham-Junior-Kochshow kostet 100.000 Dollar.
Dafür springen lukrative Werbedeals mit Lebensmittelherstellern heraus. Beckham, der sich vorher bereits als Model und Fotograf versucht hatte, begann 2021 mit seinen Kochvideos, bereitete Gerichte wie Pesto-Pasta, Beef Wellington und Steak-Quesadillas zu. Er sei Autodidakt, erklärte er in einem Interview, seit Beginn der Corona-Pandemie koche er jeden Tag, es sei das Einzige, was ihn „von allem ablenkt, woran ich denke“.


