Lassen Sie uns ehrlich sein: Urlaub mit vier Kindern ist schön, aber nicht wirklich erholsam. Ist es so verwerflich, wenn man die Waschmaschine anschmeißt und sich unmittelbar danach im Wohnzimmer einsperrt, um sich einzuloggen? Finden wir nicht. Denn sobald wir uns auf die Couch setzen und die Controller in die Hand nehmen, verwandeln wir uns von müden Eltern in Necro-Mann und Rogue-Frau und wechseln in eine parallele Welt mit Herausforderungen, die überschaubarer sind als die in unserem Familienalltag. Und mit Aufgaben, die einen Anfang und – vor allem – ein Ende haben.
Wie bei den früheren Teilen des Action Rollenspiels „Diablo“ erstellt man auch in „Diablo IV“ einen Charakter, der nach Lust und Laune geformt werden kann, um ein individuelles Spielerlebnis zu ermöglichen: Als beweglicher Rogue und blutrünstiger Necro haben wir uns für ergänzende Fähigkeiten entschieden, die, wenn ihre Kräfte richtig kombiniert werden, ein Meer von Monstern in Sekundenschnelle in einen Friedhof verwandeln können.
Die Atmosphäre ist endlich wieder düsterer. Beim Vorgänger wurde oft bemängelt, dass zu sehr die bunte Grafik aus „World of Warcraft“ adaptiert wurde. Die Hauptgeschichte, die sich um die Figur Lilith dreht, ist durch eine Reihe gut gestalteter Videos fesselnd, selbst für diejenigen unter uns, die dazu neigen, die Clips zu überspringen und zu einem weiteren Kampf überzugehen. Die sogenannte Loot-Spirale, also die Jagd nach besseren Waffen und Ausrüstungsgegenständen, um stärkere Gegner töten zu können, um dann wieder aufzurüsten, macht schnell süchtig. Ebenfalls gibt es wieder mehr Möglichkeiten, Charakter-Builds auszuarbeiten, als bei „Diablo III“ zum Release. Besonders gut gefällt uns, dass sich das Kampf-Feedback stimmig anfühlt. Wenn alles gut läuft, gleitet man durch ein Feuerwerk an Spezialeffekten, die beinahe hypnotisch wirken. Alles in allem scheint es, dass diese Fortsetzung der Schritt in die richtige Richtung ist. Auch wenn viele Fans der älteren Titel es anders sehen.
Das alles kann man unkompliziert auf der Couch zu zweit erleben, was das Abenteuer für uns, die ewig erschöpften Anführer eines Offline- und eines Online-Rudels, besonders verlockend macht. Auch wenn hin und wieder Bugs das Spielvergnügen einschränken, reißen sie einen nicht so sehr aus dem Spielfluss wie der Versuch, wiederholt so zu tun, als wäre das TikTok-Video, das einem der junge Spross unter die Nase hält, nicht sterbenslangweilig oder überhaupt von Relevanz.
Für die jüngere Generation mag das Spiel schnell an einen Punkt kommen, an dem der Content dünn wird. Doch für diejenigen unter uns, denen nur hin und wieder ein, zwei Stündchen Atempause vergönnt sind, kommt es immer wieder zu Situationen, in denen neue Spielinhalte entdeckt werden, die eingangs sehr herausfordernd und dann genreüblich durch Verbesserungen der Ausrüstung und des Charakters wieder entspannt zu meistern sind, sodass wir uns in gut gesetzten Abständen mal als Opfer und mal als Götter fühlen.
Das kann man gut an dem Übergang in eine höhere Weltstufe merken: Damit man die gesamten Inhalte erleben kann, muss man mindestens in Tier 3 aufsteigen. Dafür muss man eine Dungeon-Herausforderung meistern, in der die bisherigen Fähigkeiten ausgetestet werden: Während das Vorankommen bis zu diesem Zeitpunkt leicht schien, fühlt sich jetzt jeder Tod wie eine Feuertaufe an, so, als müsste man alles von Grund auf neu machen und lernen.
Manchmal ist Aufgeben die einzige Option
Dieser Eindruck bleibt in der neuen Weltstufe, vor allem die zusätzlichen Mechaniken wie zum Beispiel die Helltides und die Albtraum-Dungeons. Zumindest bei Letzteren hat man einen gewissen Einfluss auf den Schwierigkeitsanstieg durch die Nutzung von Modifikatoren. Besonders zu kämpfen hatten wir an einer Variante mit Gegnern, die Gift ohne Ende ausspuckten. Und obwohl wir uns lange durch den Dungeon gekämpft hatten, mussten wir das erste Mal bei einem Boss aufgeben, da die Anzahl der Versuche, die einem zur Verfügung stehen, schnell verbraucht war.
Trotz der vielen Fluchwörter, die verwendet wurden, kam durch das wiederholte Versagen keine bleibende Frustration auf: Wie bei der Kindererziehung lernt man irgendwann, dass Rückschläge Teil des Spiels sind. Manchmal muss doch aufgegeben werden. Aber tief im Inneren weiß man, dass das Ergebnis mit besserer Ausrüstung, Vorbereitung und der richtigen Mentalität anders hätte ausfallen können.
Eine Ausnahme stellt der Butcher dar: Ein Endgegner, der in zufälligen Situationen erscheint und der einem gnadenlos folgt, bis man mit tränenüberströmtem Gesicht im Staub liegt. Seine Besonderheit ist, dass er gleich darauf verschwindet und man sich, trotz seiner Übermacht, wünscht, dass er wieder auftaucht, mit der Hoffnung, diesmal den Spieß umzudrehen.

Nach all dem Lob wird es Zeit, einige Designschwächen anzuführen. Da wäre die fragliche Entscheidung, das Freischalten des Reittiers erst zu ermöglichen, nachdem man viele Stunden zu Fuß durch die prachtvolle Umgebung gestampft ist. Zu allem Überfluss kann man bei dem ersten Durchlauf erst in das erwähnte Tier 3, wenn man die Kampagne durchgespielt hat. Diese beiden Punkte führen dazu, dass man früher oder doch Dialoge ungeduldig wegklickt, um das Potenzial der Spielmechaniken auszuschöpfen. Das ist besonders ärgerlich, da es kaum zu übersehen ist, dass Blizzard so unnötig die Spielzeit strecken will. Solche antiquierten Tricks passen nicht zu dem sonst modernen Bild des Spiels.
Alle drei Monate eine neue Season
Obwohl das Spiel Anfang Juni releast wurde, wird es durch die unterschiedlichen Seasons, die uns alle drei Monate in ein neues Abenteuer eintauchen lassen, jetzt noch spannender: tiefer gehende Möglichkeiten für noch kreativere Gestaltung von Charakteren, neue Story-Quests und Elemente, wie die Herzen, die man sammeln muss und aus denen dämonische Kreaturen, aber auch Belohnungen herauskommen. Bei der aktuellen Season haben wir uns beide in Druiden-Werwölfe verwandelt, aber uns trotzdem unterschiedliche Fähigkeiten ausgesucht. Der eine kann zum Beispiel die Feinde für drei Sekunden betäuben oder Wirbelstürme herausknallen, während der andere riesige, rollende Felsen wirft und Gift ausspuckt.
Der Übergang zum Tier 3 kam diesmal sogar schneller, da wir in den Charakter-Leveln in einem Rekordtempo aufgestiegen sind, obwohl Blizzard zum Start der Season einen viel kritisierten Patch herausgebracht hat. Die Gegner wurden unverhältnismäßig stärker gemacht und die meisten Builds abgeschwächt. Auch hier ist sich die Community einig, dass es sich Blizzard einfach macht und durch diese Änderungen die Spielzeit streckt.
Es wäre besser gewesen, der Patch hätte sich mehr darauf konzentriert, bereits vorhandene Bugs zu beheben. Leider sind aber eher neue Bugs dazugekommen. Ein besonders ärgerlicher trat wiederholt auf, während wir beide auf Pferden unterwegs waren. Ein Spielcharakter verschwand plötzlich vom Bildschirm und der einzige Ausweg war, sich zurück in die Stadt zu teleportieren, um denselben Weg wieder zu Fuß hinter sich zu bringen, da dieselbe Strecke auf dem Pferd genau zu demselben Ergebnis geführt hatte.
Diese Entwicklung weckt wieder den faden Beigeschmack, den Blizzard seit längerem mit sich bringt. Der beinahe reibungslose Release hatte ihn zumindest in den Hintergrund gedrängt. Doch nun mehren sich wieder die negativen Berichte.
So Blizzard placed the 'Activate Premium Battle Pass' button right next to the button you have to constantly press to check your Season Journey.
— Rurikhan (@Rurikhan) July 21, 2023
Guess what happened to me and at least 5 others on my stream. This is straight up Malicious Design. @Diablo pic.twitter.com/99KhTR51ad
Neben den bereits erwähnten Problemen, meldeten mehrere Spieler, dass ein Button zum Aktivieren von kostenpflichtigen Inhalten im Battlepass offensichtlich so gesetzt wurde, dass man leicht versehentlich darauf drückt. Besonders, da er bei den Konsolen-Versionen eine Vorauswahl ist, wenn man in das Menü geht.






