Dialog

Die Letzte Generation kommt in die Volksbühne: Eine Besuchung ist keine Besetzung

Das Theater am Rosa-Luxemburg-Platz war schon einmal Kampfplatz für Aktivisten. Jetzt holt sich René Pollesch die Letzte Generation ins Haus. Ein Kommentar.

„Die Kunst bleibt frei“: 2019 war die Volksbühne auch mal Kulisse für eine Demo der Vielen.
„Die Kunst bleibt frei“: 2019 war die Volksbühne auch mal Kulisse für eine Demo der Vielen.dpa

Schon vor ein paar Tagen hat die Volksbühne eine zusätzlich ins Programm genommene Veranstaltung angekündigt, und seitdem verdauen wir einen kleinen Schreck und kauen auf einem neuen Wort herum: „Hausbesuchung“. Natürlich haben wir zuerst „Hausbesetzung“ gelesen und gemischte Erinnerungen stiegen hoch. War da nicht was? Die Volksbühne musste 2017 polizeilich geräumt werden, als Besetzer das Haus in Beschlag genommen hatten und den damaligen Intendanten Chris Dercon dabei störten, den Laden in den Ruin zu treiben. Viele begrüßten diese Intervention und verschoben schon damals das Wording, indem sie behaupteten, dass es sich gar nicht um eine „Besetzung“ handelte, sondern um ein „künstlerisches Event“.

Auch der heutige Volksbühnenintendant René Pollesch gehörte zu den Unterstützern und verbalisierte seine Sympathie, was die Besetzer als Einladung zur Kooperation verstanden. Die wollten sie dann auch umgehend aufnehmen, als Pollesch ins Amt kam. So war das aber dann doch nicht gemeint … Inzwischen sind die Interventionisten von einst hoffnungslos zersplittert und zerstritten und unterlaufen von abgedrehten Impf-Verschwörern und Putin-Freunden.

Derweil hat sich eine neue Bewegung formiert, die Letzte Generation. Auch diese Aktivisten machen vor Kultureinrichtungen nicht halt und klebten sich schon an Bilderrahmen. Viele Museen suchen seither das Gespräch, weil sie mit der Sache sympathisieren: dem Kampf gegen den Klimawandel, der auch ein Kampf um Aufmerksamkeit ist. Die Kunst aber ist frei und darf sich nicht instrumentalisieren lassen, auch nicht für einen guten Zweck. Das unterscheidet sie von Aktivismus.

Wer suchet, der findet

Insofern ist es schon okay, wenn es besuchsweise zu einer Kontaktaufnahme und zum Dialog kommt. In dem Wort Besuch stecken ja das Vorübergehende und die Trennung. Der Neologismus Besuchung macht aber noch etwas, er lenkt den Blick auch auf den Wortstamm „such“ – darin stecken Neugier und Ergebnisoffenheit. Eigentlich das Gegenteil von öffentlichkeitswirksamen Blockaden. Wir wünschen Findeglück.

Hausbesuchung durch Letzte Generation. 16. Juni, 20 Uhr in der Volksbühne, Tickets zum Einheitspreis von 3 Euro unter www.volksbuehne.berlin