„Begeben wir uns zurück in ein fernes Land, eine zurückliegende Zeit.“ Mit diesem Satz beginnt der Text, den Petra Göllnitz für den Katalog geschrieben hat, der diese von ihr kuratierte Ausstellung begleitet: „Der große Schwof. Feste feiern im Osten“ in Jena. Das ferne Land ist die DDR, die Zeit sind die 80er-Jahre. „Es wird gern und unbeschwert gefeiert. Die Musik ist laut, das Essen üppig, der Alkohol reichlich, der Sex unbeschwert.“ Und fotografiert haben die namhaftesten Fotografinnen und Fotografen des Landes. Diese Bilder sind eine Sensation.
Petra Göllnitz hat in der Fotoredaktion des Magazin, später war sie lange Jahre beim Stern. Ihr geht es zum einen darum, diesen Teil des kulturellen Erbes der DDR zu zeigen, zu sichern. Einen Aspekt, der immer unterschätzt worden sei, wie sie sagt. Sie sagt auch, dass ihr im Westen oft genug erklärt worden sei, wie sie im Osten gelebt habe. Darauf gibt diese Ausstellung ebenfalls eine Antwort. Sie passt gut in die neue Ost-Debatte, die Dirk Oschmann mit seinem Buch „Der Osten: eine westdeutsche Erfindung“ losgetreten hat. Hier wird Erinnerung bewahrt, kollektive Erfahrung. Und die ist bunt, vielschichtig. „Es galt, sich zu wehren gegen das übermächtige, expandierende Grau jedes einzelnen Tages“, sagt die Fotografin Barbara Metselaar Berthold.
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In den 1980er-Jahren bröckelten in der DDR nicht nur die Fassaden, viele Menschen verließen das Land. „In dieser Zeit spielten Feste und Feiern eine große Rolle, waren essenziell – etwas, das in geschlossenen Gesellschaften eine hohe Relevanz besitzt.“ So drückt es Erik Stephan aus, der Direktor der Städtischen Museen Jena. Feiern war ein Ventil, Feste boten Freiraum, und manche sind auch Abschiedsfeiern gewesen. Oder Saturnalien. Man dringt mit diesen Bildern in private Bereiche vor, die man bisher nicht gesehen hat. Zu einem Besäufnis im Vogtland, einer Spontanparty in Weimar.
Staatliche Feste und Feste der Rebellen, Feste in der Stadt und auf dem Dorf
Gezeigt werden mehr als 300 Fotografien von 31 Künstlerinnen und Künstlern. Sechs von ihnen sind Autodidakten, die anderen haben in Leipzig an der Hochschule für Grafik und Buchkunst (HGB) studiert. Sieben haben die DDR verlassen. Eine ungebrochene Biografie hat keine, hat keiner. Nicht alle erfuhren nach der Wende die Wertschätzung, die ihnen zukommt.
Damals fotografierten sie die staatlichen Feste, die Feste der Rebellen, die Feste in der Stadt und die auf dem Dorf. „Wir haben nicht in der Rumpelkiste der Geschichte gekramt, wir haben einen Schatz gehoben“, sagt Petra Göllnitz. Aber ihr geht es nicht nur um den Osten. Es geht ihr darum, sich gegenseitig ein bisschen Leichtigkeit zu schenken, wie sie sagt. „Jeder, der in diese Ausstellung geht, wird sich daran erinnern, wie er gefeiert hat. Wir sind gemeinsame Zeitreisende.“



















