Nennen wir das Neudeutsch mal geballte Franken-Power: Karl-Theodor zu Guttenberg und Thomas Gottschalk sollen den nächsten RTL-Jahresrückblick moderieren. Beide sollen in der Nachfolge von Günther Jauch ein halb- oder scheintotes Fernsehformat retten. Sie treten ein fürwahr schweres Erbe an, denn Jauch hatte sich in „Menschen, Bilder, Emotionen“ mit dem buchhalterischen Charme eines beflissenen bis mürrischen grienenden Reißwolfs durch den Kalender gefräst. Und das immerhin 26 Jahr lang.
Das galt mal als sexy. Oder seriös. Oder beides. Die Sendung war über lange Zeit jedenfalls ein Erfolg für den Kölner Privatsender, RTL konnte in den Zehnerjahren bisweilen deutlich über acht Millionen Zuschauer verbuchen. 2021 aber wollten den dramaturgisch dann doch zu absehbar geratenen, himmelhoch-jauchzend-tränengerührten Mix aus boulevardesken Leute-Tratsch und dramatischen Weltereignissen nur noch rund drei Millionen sehen. Jauch ging – wie dann ja auch Dieter Bohlen aus dem siechen DSDS verschwand …
Zu Guttenberg ist ein beträchtlicher Restglamour geblieben
Doch kommen wir zurück zur Sache. Über den einen RTL-Retter, den 1950 im fränkischen Bamberg geborenen Gottschalk, ist eigentlich alles bekannt: Der ewig junge TV-Opa und Herzens-Rock-’n’-Roller verpasst eine Chance nach den anderen, in Würde abzutreten. Und über den anderen Retter, dem aus dem fränkischen Adelsgeschlecht Guttenberg stammenden Baron, ist eigentlich auch alles bekannt, schlimmer noch: Wir wissen seit der sogenannten Plagiatsaffäre des CSU-Politikers mehr über ihn, als wir jemals wissen wollten.
Zu Guttenberg war bis 2011 Verteidigungsminister. Er musste zurücktreten, weil er bei seiner Dissertation nachweislich abgeschrieben und also – je nach Lesart – geschummelt oder betrogen und dann ebenso nachweislich die Öffentlichkeit darüber belogen hatte. Der schneidige, haargelglatte und wortfertige Oberbefehlshaber mit dem sicheren Instinkt für den richtigen Fototermin galt in dieser Zeit als einer der beliebtesten Politiker des Landes. Viele wünschten sich nach seiner Demission ein politisches Comeback.
Dazu hat es zu Guttenberg klugerweise nie kommen lassen. Warum auch immer, vielleicht sogar aus Anstand. Egal, ist lange her. Stattdessen versuchte er’s in den USA und anderswo als Lobbyist, Politik- und Unternehmensberater, hier und dort tauchte er, der noch mit einem beträchtlichen Restglamour gesegnete Mann, in bunten Gazetten auf. Und das Halbseidene blieb ihm, auch wenn er seine Haar jetzt naturfluffig ungegelt trug, ebenfalls treu, zuletzt wegen seiner Verwicklungen im Wirecard-Skandal.




