Es waren die Neunzigerjahre in Berlin, Zeit der verrückten Ideen. Das Chaos, es war noch nicht ganz aufgebraucht, als ein Laden nahe dem Zionskirchplatz seine Gäste zahlen ließ, so viel sie wollten. Eine Weinbar genau gesagt, die Weinerei. Das Prinzip war ganz einfach: Man mietete für einen Euro ein Glas und konnte sich den ganzen Abend lang einschenken lassen, um am Ende so viel Geld in den Topf auf der Theke zu werfen, wie es einem nach eigenem Gutdünken angemessen schien.
Auf den ersten Blick räumt man diesem Bezahlmodell wenig Chancen ein. Warum sollte jemand einen fairen Preis bezahlen, wenn er genauso gut nichts oder nur sehr wenig zahlen kann. Aber es war keine Reise in den Bankrott, den die Weinerei mit dem ungewöhnlichen Modell antrat.
Nach dem Konzert entscheidet man, wie viel man dafür bezahlen möchte
Zahle, was es dir wert ist. Dieses Prinzip wendet nun auch das Konzerthaus Berlin an. Das Festival „Aus den Fugen“ präsentiert dort vom 14. bis zum 27. November durch Umbrüche inspirierte visionäre Werke in ungewöhnlicher Inszenierung, wie es in der Ankündigung heißt. Bei acht Konzerten spiegelt auch das Bezahlmodell den experimentellen Charakter des Festivals wider: Man kann auf der Webseite des Konzerthauses ein oder zwei Tickets pro Konzert buchen und erst nach dem Konzert entscheiden, was man dafür zahlen möchte, also was es einem wert ist. Von einem Erlebnispreis spricht das Haus, nach dem Motto: Erst erleben, dann bezahlen.


