„Ihr habt mir das Leben gerettet“, sagt Toomaj Salehi am 26. November 2023 – in einem Video, in dem er sich bei seinen Unterstützern für den Rückhalt bedankt, den sie ihm geschenkt haben. Aber Salehi wäre nicht Salehi, wenn er nicht auch auf die menschenverachtenden Missstände zu sprechen kommen würde, die er in der Zeit davor erlitten hat: Folter, körperlich und seelisch. 252 Tage Einzelhaft. Elektroschocks, gebrochene Knochen. Von all dem berichtet er.
Ob Salehi seinerzeit schon ahnt, dass er diese Schelte am iranischen Staat abermals teuer bezahlen muss? Nur vier Tage später, am 30. November 2023, wird Toomaj Salehi erneut festgenommen. Seine Freiheit währte kurz. Nicht einmal zwölf volle Tage lang. Seine Strafe hingegen, die fällt umso härter aus: Wie Salehis Anwalt bekannt gab, hat ein Revolutionsgericht in der zentraliranischen Stadt Isfahan Salehi nun zum Tode verurteilt. Wegen „Verdorbenheit auf Erden“ und „Krieg gegen Gott“. Das Schlimmste, was man sich aus Sicht der Mullahs zuschulden kommen lassen kann.
Salehi ist ein Mensch, doch er ist auch ein Symbol. Der 33-jährige Rapper, der im Brotberuf in einer Metallfabrik gearbeitet hat, erlangte 2022 Kultstatus. Er galt als eine der Leitfiguren bei den Mahsa-Amini-Protesten ab September 2022, streamte live von den Demos: Nach dem gewaltsamen Tod einer jungen Kurdin durch die Polizei begehrten die Massen gegen die Mullahs auf. Und Toomaj Salehi spendierte den Protestierenden den Soundtrack. In „Omen“ etwa sagte er sprechsingend dem Gewalt-Regime das Ende voraus.
Nun zahlt Toomaj Salehi für sein mutiges Aufbegehren womöglich mit dem Leben. Das stößt auch in Berlin auf Empörung. „Mullahs des Iran, nehmen Sie die Todesstrafe für Salehi zurück und lassen Sie die Anklage fallen!“, sagt etwa Deniz Yücel, Sprecher des PEN Berlin, dessen Ehrenmitglied Toomaj Salehi ist. „Wir hören die kritischen Worte Ihrer Staatsbürger umso lauter, je mehr Sie versuchen, diese brutal zu unterdrücken.“
Salehi und sein Anwalt wollen in Berufung gehen. 20 Tage bleibt ihnen Zeit, das Unrechtsurteil anzufechten. Woher nimmt Salehi nur die Kraft? Vermutlich aus dem Wissen heraus, dass man manchmal mutig sein muss – und dass Worte eine Wirkmacht haben, vor denen selbst die mächtigen Mullahs zittern müssen. Es ist der wahre Geist des Rappers und des Revolutionärs.
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