Literaturherbst

Marion Messina und ihr neuer Roman „Die Entblößten“: Frankreich am Abgrund

In ihrem dystopischen Roman lässt Marion Messina das Land äußerst wirtschaftsfreundlich regieren und schickt Frauen zu einer extremen Art der Arbeitsbeschaffung. Die Kritik. 

Marion Messina, Jahrgang 1990, veröffentlichte zuerst den Roman „Fehlstart“, der 2020 auch auf Deutsch erschien. „Die Entblößten“ dreht die Wirklichkeit ein bisschen weiter.
Marion Messina, Jahrgang 1990, veröffentlichte zuerst den Roman „Fehlstart“, der 2020 auch auf Deutsch erschien. „Die Entblößten“ dreht die Wirklichkeit ein bisschen weiter.Le Dilettante

Enzo Brunet übergießt sich, „nur ein paar Meter von der Nationalversammlung entfernt“, mit Benzin und zündet sich an. Schon sein Vater nahm sich das Leben, er war Landwirt. Enzo verlor seinen Studienplatz, weil er zu viel jobben musste. Als bekannt wird, dass er außerdem von vier Söhnen reicher französischer Familien vergewaltigt wurde, brennen in Paris Autos, 700.000 Menschen demonstrieren auf den Champs-Élysées.

Menschen wie Enzo Brunet gibt es in dem Frankreich, das Marion Messina in ihrem Roman „Die Entblößten“ beschreibt, viele. Sie arbeiten in Warenlagern, Supermärkten und Putzkolonnen. Finden Frauen keine Beschäftigung, werden sie vom Arbeitsamt genötigt, sich zu prostituieren. Kleine Bauernhöfe gehen unter EU-Auflagen und hohen Energiepreisen in die Knie. Dieses Frankreich wird äußerst wirtschaftsfreundlich und effektiv regiert. Als die Proteste wegen Enzo Brunets Tod eskalieren, führt die liberale Präsidentin die „Lebensendstrafe“ auf einem „mit Ökostrom betriebenen elektrischen Stuhl“ ein.

Berliner Zeitung

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