Berlin-Ach, die Langeweile: Weil der Wahlkampf mitsamt seiner Spitzenkandidaten etwas zähflüssig verläuft und neben den allfälligen Inhalten vor allem auch anregende, begeisternde und irgendwie auch unterhaltsame Kandidaten vermissen lässt, hat man sich bei ProSieben, Sat 1 und Kabel Eins etwas Besonderes einfallen lassen. Beim letzten großen TV-Dreikampf der Kanzlerkandidaten Armin Laschet (CDU), Annalena Baerbock (Grüne) und Olaf Scholz (SPD) setzten die Privatsender am Sonntagabend auch auf Comics.
Die „Digedags“ und der Mauerfall – Asterix und das Coronavirus
Gewiss kann die Populärkultur – und warum auch nicht die grafische Literatur? – helfen, die Fließgeschwindigkeit träger Gesprächsformate, sprich: den Unterhaltungswert zu erhöhen. Und so zog die ProSieben-Moderatorin Linda Zervakis, die bekanntlich bis vor einigen Monaten noch eine ultraseriöse „Tagesschau-Sprecherin“ war, ein Micky-Maus-Comic hervor und hielt es den Kandidaten entgegen. „Ich habe Ihnen was Schönes mitgebracht“, erklärte sie neckisch. Die Zeitschrift stamme aus dem Jahre 1993, Preis: 3,90 Mark.
„Meine Eltern hatten früher einen Kiosk, deswegen habe ich mich daran erinnert“, erklärte Zervakis ihren Fund. In dem Comic gehe es um die Abholzung der Regenwälder. Die Pointe: „Vor über 30 Jahren hat sich die Micky Maus schon mit dem Klimawandel beschäftigt.“ Und dann ging die Moderatorin tatsächlich zum Angriff über. An den Unionskanzlerkandidaten Laschet gerichtet, sagte sie, dass in der CDU anscheinend nicht so oft „Micky Maus“ gelesen werde.
Damit verhalf Zervakis dem arg antriebsschwachen Laschet zu einem seiner eher bemerkenswerten, da geistesgegenwärtigen, geradezu schlagfertigen Auftritte: Zu Zeiten der besagten „Micky Maus“-Ausgabe, so konterte der Kandidat, habe der CDU-Politiker Klaus Töpfer als Umweltminister das Thema Klima bereits auf der Tagesordnung gehabt. Damit hatte der Mann Zervakis hübsch ausgedachte Pointe irgendwie vermasselt – nicht zuletzt hätte man gern erfahren, ob in der CDU denn nun Comics gelesen werden oder nicht.
Und ein weiteres triftiges Thema wurde gar nicht erst gestreift: die prophetische Kraft der grafischen Literatur, vulgo des Comics in all seinen, auch bewegtbildlichen Erscheinungen. Wir erinnern an dieser Stelle deswegen gern noch einmal an die unvermeidliche Zeichentrickserie „Die Simpsons“ und die bereits im Jahre 2000 in den USA ausgestrahlten Folge „Barts Blick in die Zukunft“. Hier hat ein gewisser Donald Trump als US-Präsident nach nur einer Amtszeit sein Land in den Ruin getrieben.
Als prophetisch im besten Sinne können übrigens auch die „Digedags“ mit ihrer Weltraumserie gelten. Ab Dezember 1958 entführte der Zeichner Hannes Hegen sein DDR-Publikum in die ferne Zukunft: Die Comiczeitschrift „Mosaik“ zeigte schönste Science-Fiction-Welten; Städte sahen hier bisweilen aus wie erzkapitalistische Metropolen, etwa wie Tokio oder New York. Kurzum, die frohe Zukunft lag im Westen! Selbstfahrende Autos gab es hier auch schon (Heft im April 1959).
An actual page from Asterix and the chariot race. Is Asterix the new Simpsons?#coronavirus pic.twitter.com/1AOmkpT4hA
— Petr "Araon" Pechar (@The_Araon) February 27, 2020
