Lieber Osgood Robert Perkins II., ich würde Ihnen nicht schreiben, wenn ich Sie für einen untalentierten Regisseur halten würde. Wenn Sie einfach schlechte Filme machen würden, die mich nicht interessieren, dann gäbe es für mich keinen Grund, mich an Sie zu wenden. Es ist vielmehr so, dass ich ein halber Fan bin. Ich habe alle Ihre Filme gesehen, und immer hat mir etwas daran richtig gut gefallen. Aber es hat mich auch immer etwas stark gestört und manchmal richtiggehend genervt.
Nun habe ich Ihren neuen Film „Keeper“ gesehen, und mir ist endgültig klar geworden, warum ich mit Ihren Horrorfilmen immer nur halb warm werde. Ja, „Keeper“ ist tatsächlich der Film, der mich am meisten ärgert. Ich weiß, es war ein kleines Sechs-Millionen-Dollar-Projekt, das Sie schnell zwischen „Longlegs“ und „The Monkey“ gedreht haben, weil es wegen des Streiks der US-amerikanischen Gewerkschaften WGA und SGA-AFTRA zunächst mit den Arbeiten an „The Monkey“ nicht weitergehen konnte. Das Drehbuch haben Sie diesmal nicht selbst geschrieben – was mir Hoffnungen gemacht hat, denn ehrlich gesagt: So gut inszeniert viele Sequenzen in „Die Tochter des Teufels“, „I Am The Pretty Thing That Lives In This House“ oder „Longlegs“ gewesen sind – die Geschichten schwanken irgendwo zwischen überambitioniert und flach und haben mich nie wirklich befriedigt.
Ein nerviges Paar
Das gilt auch ganz besonders für „Keeper“. Was wir hier aufgetischt bekommen, mag rätselhaft und kompliziert erzählt sein, ist im Kern aber eine so ausgelutschte wie plakativ-dämliche Story über männliche Gewalt und weibliche Gegenwehr. Manchmal musste ich beim Gucken an eine Art Kindergartenversion von „Antichrist“ denken, nur dass Lars von Trier sich intellektuell in Abgründe wagt, die nicht nur eine schicke Behauptung sind. In „Keeper“ sind es der Arzt Malcolm und die Malerin Liz, die ihr Einjähriges mit einem Trip in sein Holzhaus im Wald feiern. Malcolm mimt dabei den liebevollen, bärig-papahaften Mann, der ganz viel Verständnis zu haben scheint und der kein Problem mit seiner weichen Seite hat. Liz ist die moderne Frau und Künstlerin, die ihren eigenen Kopf hat. Dass beide nerven, liegt auf der Hand.
Den Darstellern ist dabei kein Vorwurf zu machen: Tatiana Maslany (Horrorfans bekannt aus „Diary of the Dead“ und „The Monkey“) und Rossif Sutherland (u.a. „Possessor“, „Orphan: First Kill“) spielen das moderne Paar, in dem der Mann nur so tut, als hätte er sich von alten Rollenbildern emanzipiert, durchaus nuanciert. Das nutzt aber nichts, wenn der männliche Part völlig plakativ und der weibliche nervtötend unentschlossen und im Kern selbstbezogen ist. Das Publikum ist immer schon weiter als Liz und will ihr – wie in so vielen mittelmäßigen Horrorfilmen üblich – ständig zurufen: „Hau ab! Nein, geh nicht da rein! Finger weg vom Kuchen!“
Billige Tricks des Horrorgenres
Lieber Osgood Perkins, Sie kennen das Horrorgenre gut, Sie arbeiten sogar als Dozent für das Genre. Holzhaus im Wald, gewaltbereite Männer, verpeilte Frauen, eine mahnende Freundin, bei Bedarf schlechter Handyempfang – ist das Ihr Ernst? Schlimmer noch: Ein großer Teil der Horrorszenen findet in Visionen oder Albträumen statt. Es müsste sich doch rumgesprochen haben, dass das ein billiger Trick ist, den wir Horrorfans nicht durchwinken. Wenn dann wirklich mal eine Bedrohung auftaucht, ist sie irgendwie egal, könnte ja wieder nur eine Halluzination wegen verdorbenen Kuchens sein, oder gleich eine Metapher, die der Regisseur nachts nach dem siebten Glas Whiskey voll super fand und die er leider am nächsten Tag immer noch im Film haben wollte.
Was Sie, Herr Perkins, und generell alle Macher von Horrorfilmen, bedenken sollten: Gruselige Musik ist als Selbstzweck eher ärgerlich. Sie soll etwas Gruseliges untermalen, anstatt zu behaupten: „Ey, Alter, hier ist es voll gruselig in der Holzhütte!“ Während wir Zuschauer nur denken: „Cool, so minimalistisch sollte ich meinen Wohnbereich auch gestalten!“ Damit will ich gar nichts gegen die Filmmusik von Edo van Breemen sagen. Die ist abwechslungsreich und interessant. Es geht mir um den inflationären Einsatz zum Mittel der Spannungserzeugung, die aus der Geschichte und den Figuren kommen sollte. Und nein, eine flache und abgedroschene Geschichte wird nicht besser, wenn ich sie möglichst assoziativ und unverständlich erzähle.
