Bin ich nicht schwul genug? Eine ganz neue Frage in meinem Kopf. Nachdem ich mich früher mit der Frage plagen durfte, ob ich nicht normal genug (weil: nicht hetero) bin. Schuld ist das Roses, die kitschplüschige Kreuzberger Kultbar in der Oranienstraße, unweit vom SO36. Oder vielmehr: deren neue Türpolitik. Während der letzten zehn Jahre hatte ich nie Probleme, dort kurz vor oder nach Mitternacht einzukehren. Das waren immer tolle Stunden dort an der Bar oder gleich auf dem Mini-Tanzboden, zwischen Mikro-Discokügelchen. In wohlig rotwarmer Atmosphäre.
Doch neuerdings scheinen die Türsteher ein Auge darauf zu haben, nur ja keine Heteros reinzulassen – oder wen sie dafür halten. Kürzlich traf es mich gleich zweimal, innerhalb nur weniger Tage: Beim ersten Mal wollte ich mit einem Freund von mir rein. Der Türsteher in der Roses-Tür wollte (hinter vorgespannter Kette) von uns wissen, ob wir denn wüssten, was das für ein Laden sei. „Ja, eine Gay-, äh, Queer-Bar“, habe ich gestammelt, ob der etwas überraschenden Frage. Und ob wir denn auch so seien, wollte er dann wissen. Ja, so sei es, haben wir beteuert. Ich bin nicht sicher, ob meinem Kumpel das etwas unangenehm war. Man könnte zwar sagen, dass er bisexuell ist. Aber ich glaube, am liebsten würde er sich gar kein solches Etikett anheften. Wie man das eben heute so macht.

