Die Debatte um die Documenta 15 bestimmt die deutschen Medien. Was man angesichts der antisemitischen Details im Bild des Kollektivs Taring Padi fast vergessen hat: Die Vorwürfe an das palästinensische Kollektiv The Question of Funding konzentrierten sich anfangs vor allem darauf, dass Ruangrupa Vertreter:innen eines in Ramallah ansässigen Kulturzentrums nach Kassel einlud, das nach Khalil al-Sakakini benannt ist.
Al-Sakakini war ein arabischer Nationalist und Pädagoge und äußerte sich an vereinzelten Stellen positiv über Adolf Hitler. Dass er zur Mandatszeit in Palästina auch jüdische Schüler hatte, schien das Gros derer, die diese Vorwürfe erhoben, genauso wenig zu interessieren wie die Tatsache, dass etwa auch die Konrad-Adenauer-Stiftung das Kulturzentrum als Veranstaltungsort nutzt. Wie vielschichtig die Figur al-Sakakini ist, legte der Historiker Jens Hanssen dar.
Heute beginnen die Wagner-Festspiele in Bayreuth. Nun könnte man der Konsistenz halber durchaus fragen: Sollte Wagners Antisemitismus nicht mindestens genauso streng bewertet werden wie ein Kunstkollektiv, das lediglich durch indirekte Assoziation mit al-Sakakini in Verbindung gebracht wurde?
Dass Richard Wagner ein glühender Antisemit war, ist unbestritten. In Israel führte sein Antisemitismus sogar dazu, dass sein Werk dort nicht aufgeführt werden darf – wenngleich unter dem Protest liberaler Kulturvertreter wie des Dirigenten Daniel Barenboim, der auch dagegen verstieß. Tatsächlich ist nun anlässlich der Eröffnung der Bayreuther Festspiele am Montagabend in Bayreuth eine Demonstration geplant, deren Teilnehmer auch hierzulande auf Wagners Antisemitismus aufmerksam machen wollen. Dazu ruft der Sozialistisch-Demokratische Studierendenverband (SDS) der Uni Bayreuth auf. Der Komponist sei Vordenker des Judenhasses gewesen, heißt es seitens der Veranstalter. Mit seinem 1850 erschienenen Pamphlet „Das Judenthum in der Musik“ habe er selbst zur Verbreitung des Antisemitismus beigetragen.


