Katharina Thalbach kommt nach Hause
Die im Berliner Ensemble aufgewachsene Schauspielerin Katharina Thalbach kann – außer allen Rollen von der Schlecker-Verkäuferin bis zu Friedrich dem Großen – alle Bühnen der Stadt bespielen. Sie füllt die Kudammkomödie, das Schillertheater, die Volksbühne und jetzt eben endlich mal wieder das Haus, an dem sich ihre Eltern kennen- und lieben gelernt haben, wo sie nach dem frühen Tod ihrer Mutter unter der Obhut von Helene Weigel aufgewachsen ist, wo sie ihre Ausbildung zur Schauspielerin genossen hat und im zarten Alter von 16 Jahren debütierte.

Der derzeitige Intendant Oliver Reese hat sie eingeladen und eine szenische Lesung mit ihr eingerichtet, die am Freitag Premiere hat. Thalbach wird aus „Käsebier erobert den Kurfürstendamm“, dem Debütroman der Gerichtsreporterin Gabriele Tergit (1894–1982), lesen. Tergit stellt Thalbach in dem während der Weimarer Republik spielenden Berlinroman in pointierten Dialogen einen ganzen Fundus an Charakteren zur Verfügung von der Revuetänzerin über den Tischlermeister bis zum Medienmogul – und im Zentrum steht der titelgebende Volkssänger Georg Käsebier aus der Hasenheide. Dann wird die Krächzkünstlerin wohl auch singen! Ulrich Seidler
Käsebier erobert den Kurfürstendamm. Szenische Lesung mit Katharina Thalbach, Premiere Freitag, 19.30 Uhr; weitere Termine: 13., 21. Jan., 20 Uhr, Karten und Informationen unter Tel.: 28 40 81 55 oder berliner-ensemble.de
Nur noch bis Sonntag: Schliemanns Welten und der Mythos Troja

Alles geht einmal zu Ende, auch diese wegen des Besucher-Stromes bereits verlängerte grandiose Schau über Leben und Werk des berühmten Troja-Entdeckers Heinrich Schliemann (1822–1890). Er hatte am 31. Mai 1873, auf seiner dritten Grabungskampagne auf dem einst antiken Gelände in der heutigen Türkei, in der Nähe eines Burgbergs, Kunstwerke aus dem legendären Reich Troja gefunden: Kelche, Vasen und Speerspitzen, mehr als 10.000 Stücke, vor allem aber zwei kostbare Diademe. Der geheimnisvolle „Schatz des Priamos“, des mythischen Königs von Troja, Vater des ebenso mythischen Hektor und des Paris, der mit dem Raub der schönen Helena den Trojanischen Krieg auslöste, krönte die Lebensleistung des deutschen Archäologen: Damit ging Schliemann, der zuvor ein Kaufmann war, für immer in die Archäologiegeschichte ein. Sein Fund war für fast sechs Jahrzehnte das Highlight der Berliner Museumsinsel und zog Besucher aus aller Welt an. Aber dann kamen die Nazis an die Macht und entfachten den Zweiten Weltkrieg, überfielen auch die damalige Sowjetunion.
1945 konfiszierten die Kulturoffiziere der Roten Armee den Kunstschatz als „Kriegsreparation“. Bis heute, trotz aller diplomatischen Bemühungen und guter Kontakte der Museumsleute in Deutschland wie in Russland, führte kein Weg zu einer Rückkehr des Schatzes, derweil andere berühmte Kunstwerke der Berliner wie auch der Dresdner Sammlungen schon in den 1950er-Jahren der DDR nach und nach zurückgegeben wurden. Archäologen und Museologen der Staatlichen Museen Berlin duften die Troja-Kostbarkeiten in Moskau und St. Petersburg zwar seit einem hoffnungsvoll begonnenen Austausch in den 2000er-Jahren ein paarmal sehen. Der Krieg Putins gegen die Ukraine jedoch scheint nun alle weiteren entsprechenden Gespräche unmöglich zu machen.
Anlässlich des 200. Geburtstags Schliemanns startete das Berliner Museum für Vor- und Frühgeschichte in der James-Simon-Galerie und im Neuen Museum im Frühsommer des vergangenen Jahres eine großartige Sonderausstellung trotz der „Schatz des Priamos“-Leerstelle. Mit rund 700 Objekten – darunter viele internationale Leihgaben – steht neben spektakulären Ausgrabungsfunden auch erstmals der „unbekannte“ Schliemann vor seiner Hinwendung zur Archäologie im Fokus einer Schau, die sich anhand aktueller Forschungsergebnisse auch kritisch mit den archäologischen Methoden seiner Zeit auseinandersetzt. Eine spannende Facette der Kunstgeschichte, für die nun nur noch drei Tage lang Zeit ist. Also schnell noch hin! Ingeborg Ruthe
James-Simon-Galerie, Neues Museum, Bodestr., Museumsinsel, noch bis 8. Januar, Fr., Sa. & So. 10–18 Uhr
Verlängert: Die Ausstellung „Staatsbürgerschaften“ im DHM

Eine gute Nachricht für alle, die die Ausstellung „Staatsbürgerschaften. Frankreich, Polen, Deutschland seit 1789“ noch nicht gesehen haben. Das DHM verlängert die Laufzeit bis zum 12. März, ein Sonntag. Es geht in der Schau um die Bedeutung von Staatsbürgerschaft, die Frage, wie sie das Leben von Menschen prägt. Das ist heute auch noch aktuell. Brandaktuell sogar, denn die Passportisierungspolitik Russlands im Donbass oder auf der Krim macht klar, dass ein Pass ein extremes Mittel sein kann, sich Loyalitäten außerhalb des eigenen Staatsgebietes zu sichern. Der Präsident der Stiftung Deutsches Historisches Museum Raphael Gross sagt zu der Ausstellung, wie sehr es das Leben eines jeden Menschen prägt, eine bestimmte Staatsbürgerschaft zu haben oder nicht zu haben und wie wesentlich die rechtlichen und politischen Fragen der Erlangung und Aufgabe oder des Verlustes der Staatsbürgerschaft sind. Susanne Lenz
Staatsbürgerschaften. Frankreich, Polen, Deutschland seit 1789 Deutsches Historisches Museum, tägl. 10–18 Uhr, Donnerstag bis 20 Uhr, Online-Tickets hier
„Brot“ im Delphi Lux
Die Pandemie hat den Konsum von Pornografie gehörig angekurbelt, und das gilt nicht nur für die Betrachtung menschlicher Fortpflanzungsrituale. Auch die Kunst des Brotbackens nahm mit dem ersten Lockdown für viele Menschen bald erotische Züge an, die sie unter dem Hashtag #breadporn in den sozialen Medien ausstellten. Schaut euch diese knackigen Brote an!
Die Sinnlichkeit des Brotes in all seinen Facetten kommt auch in Harald Friedls Dokumentarfilm „Brot“ nicht zu kurz, doch der Regisseur schaut noch darüber hinaus. Er hat mit Menschen in deutschen Großbäckereien, mit französischen Ökobäckern und österreichischen Familienbäckern gesprochen, über ihre Beziehung zum Brot und die sehr unterschiedlichen Arten, es herzustellen. „Brot“ läuft im Rahmen der Reihe #2030, die mit Filmen zu Diskussionen über das Thema Nachhaltigkeit einlädt. Diesmal ist nach dem Screening unter anderen der Berliner Bio-Bäcker Reinhard Greten zu Gast, der seit 1978 im Danckelmannkiez backt. Claudia Reinhard
Brot. Freitag, 6. Januar, 18 Uhr, Delphi Lux, Eintritt: 9 Euro
Queere HipHop-Party im Monarch: „Ratchet – 6 Years Birthday Bash“
HipHop gilt gemeinhin oft als homophob. Aber vielleicht ist das auch ein Missverständnis? Mykki Blanco, eine der erfolgreichsten queeren Rapperinnen der Gegenwart, etwa hat 2019 im Interview mit dem amerikanischen Billboard Magazine klargestellt, sie finde dieses Vorurteil zu kurz gegriffen: Zwar gebe es zweifelsohne eine höhere Anzahl explizit queerphober Textstellen im HipHop als in anderen Musikgenres; dennoch werte sie es als rassistisch, wenn die Musikindustrie, die lange über alle Genregrenzen hinweg homo- und transphob gewesen sei, den HipHop nun zum Sündenbock mache; zumal angesichts eines durchaus sehr konservativen Publikums etwa in Country-Gefilden.
In Berlin jedenfalls wird HipHop auch von vielen Queers gefeiert. Zu den wichtigsten Wegbereitern dafür zählt (neben dem Berries Kollektiv, das queere HipHop-Feten schmeißt) die queere Partyreihe namens „Ratchet“. Deren Team übrigens auch die monatliche „Tasty“-Party im SchwuZ mitverantwortet. Seit sechs Jahren gibt es „Ratchet“ nun schon – wenn auch leider mit drei Jahren pandemisch bedingter Pause.

Der Neustart nun im Monarch am Kotti hat es aber in sich: Neben dem „Ratchet“-Kernteam (DJ Caramel Mafia und DJ Offbeatsupportah) legen auch DJ Nomi, Lenki Balboa und Cara Muru die Nacht durch auf. HipHop, R&B, Afrobeats, Dancehall, Baile, Trap und Amapiano. Tracks von Beyoncé, Drake, Burna Boy, Saweetie, Megan Thee Stallion, Bad Bunny, Nura. Nebst vielen anderen sicher auch der Rapperin Badmómzjay aus dem Berliner Umland. Und vielleicht ja auch was von Shamir und dessen „Ratchet“-Album? Gratulation an die „Ratchet“-Crew in jedem Fall zum Sechsjährigen! Stefan Hochgesand
Monarch, Samstag, 7. Januar, 23 Uhr
Zehnmal neuer Zirkus: Poesie und Power

Das Chamäleon, der Zirkus in den Hackeschen Höfen, ist ja für seine Experimentierfreudigkeit bekannt. Hier sind schon geniale Shows erfunden worden, hier wurden mit ungewöhnlichen Requisiten wie Badewannen oder varietéüblichen Geräten wie Pole-Stangen oder Reifen fantastische Geschichten erzaubert. Das Chamäleon ist der Berliner Ort für Artistik ohne Manege, Poesie ohne Worte, Tanz ohne Füße (nämlich auf den Händen). Jetzt wird hier wieder etwas ganz Neues probiert, das Theaterchen beweist sich als Labor für zeitgenössischen Zirkus mit einer zehnteiligen Gastspielreihe über sechs Wochen. Akteure aus sieben Ländern zeigen Körperkunst unterschiedlicher Stile, mal eher kraftvoll akrobatisch, mal eher erzählerisch in jeweils einstündigen Performances.
Angefangen hat es am 3. Januar mit der australischen Truppe Gravity & Other Myths, die sind mit ihrem Programm „A Simple Space“ auch noch am Wochenende und noch bis Dienstag zu sehen. Am Freitag der kommenden Woche ist das nächste Team dran. Das Ganze läuft bis 12. Februar. Das ist nun mal wirkliche Vielfalt.
Chamäleon: Play. Rosenthaler Str. 40, Tel.: 030 4000 590
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