Berlinale-Kolumne

Warum ich nie vergessen werde, wie Herr Lee im roten Gewand durch die Stadt läuft

Ein Film als Meditation: Was hat sich nur das Berlinale-Team bei diesem Film gedacht, als es ihn ausgewählt hat? Wollten sie uns alle etwas entschleunigen?

Lee Kang-Sheng läuft und läuft und wir sehen und schauen nicht nur. Berlinale very Special: „Wu Suo Zhu“, auf Deutsch: Kein Platz zum Leben. 
Lee Kang-Sheng läuft und läuft und wir sehen und schauen nicht nur. Berlinale very Special: „Wu Suo Zhu“, auf Deutsch: Kein Platz zum Leben. Claude Wang / Homegreen Films

Der Mönch Lee Kang-Sheng hebt den linken Fuß, ganz langsam, seine beiden Handflächen zeigen in Richtung Himmel, sein rotes Gewand setzt sich vom grünen Wald und dem blauen Himmel ab. Noch bevor Herr Lee den linken Fuß in Zeitlupe wieder in Richtung Boden senkt, bin ich abgelenkt: Ich denke an zwei Konzerttickets, von denen ich gerade nicht sicher bin, wo ich sie hingelegt habe; ich denke an meinen Portugiesisch-Unterricht und ob ich die Hausaufgaben schon gemacht habe; und ich denke an die Nüsse in meiner Tasche, ob es jetzt zu sehr rascheln würde, wenn ich die jetzt heraushole …

Berliner Zeitung

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