Film

Filme, die in Berlin spielen: Wenn die Stadt der Held ist

Nicht nur Billy Wilders „Eins, zwei, drei“ – es gibt viele andere tolle Filme, die in der Hauptstadt spielen. Nicht alle sind leichte Kost. Eine Auswahl.

David Bowie in „Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“. Als der Film gedreht wurde, lebte der Superstar allerdings schon nicht mehr in Berlin.
David Bowie in „Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“. Als der Film gedreht wurde, lebte der Superstar allerdings schon nicht mehr in Berlin.imago images

Die Bedeutung einer Metropole bemisst sich auch daran, wie häufig sie zum Schauplatz von Geschichten und Filmen wird: kein James Bond ohne London, kein Godzilla ohne Tokio. Kein Börsenthriller ohne New York und kein Kurt Wallander ohne Ystad.

Berlin ist da keine Ausnahme und zudem seit der Wiedervereinigung oft die erste Wahl als Drehort internationaler Produktionen.

Neben der erfolgreichen Netflix-Serie „Babylon Berlin“ gibt es noch eine ganze Reihe anderer Serien, Dokumentationen und Filme, die die deutsche Hauptstadt als Kulisse haben. Neben den unvermeidlichen Klassikern wie Billy Wilders immer noch famoser Kalter-Krieg-Komödie „Eins, zwei, drei“ von 1961, Wim Wenders’ „Der Himmel über Berlin“ (1987) oder Tom Tykwers stilprägendem New-Berlin-Movie „Lola rennt“ (1998) mit Franka Potente gibt es noch andere, weniger populäre Filme.

Hier eine kleine, bestimmt nicht vollständige Auswahl an Berlin-Filmen, an die man vielleicht nicht zuallererst denkt:

„Victoria“ (2015)

Sebastian Schippers Film ist ein Roadmovie im Wortsinne: In einer einzigen Einstellung von 140 Minuten schickt der Regisseur seine Protagonisten hinaus in die Berliner Nacht in der immer selben rasanten Schleife durch Kreuzberg und Mitte. In einem Club trifft die junge Spanierin Victoria (Laia Costa) auf die vier jungen Typen „Sonne“, „Boxer“, „Blinker“ und „Fuß“, mit denen sie um die Häuser zieht und schließlich einen Bankraub verübt. Ein fantastischer, ein frischer und verblüffender Film um die allzeit gültigen Großstadtthemen Einsamkeit, Entfremdung, Verlust und Liebe. Wer etwas über Berlin und das Lebensgefühl in dieser Stadt wissen will, für den ist „Victoria“ ein Pflichtfilm.

Berlin-Trip durch die Nacht: Laia Costa auf dem Filmplakat zu „Victoria“
Berlin-Trip durch die Nacht: Laia Costa auf dem Filmplakat zu „Victoria“imago images

„Suspiria“ (2018)

Dario Argentos Original von 1977 spielt in Heidelberg. Luca Guadagnino hat sein Remake von 2018 nach Berlin verlegt, wo die wirklich bizarre Geschichte um einen Hexenzirkel, der eine Ballettschule betreibt, in einer geteilten deutschen Hauptstadt unweit der Mauer ihren opulenten Schrecken entfaltet.

Vor dem Hintergrund des Deutschen Herbstes und seiner terroristischen Anschläge durch die RAF fährt der Regisseur ein Starensemble auf, darunter Tilda Swinton, Angela Winkler, Dakota Johnson, Alek Wek und Mia Goth. Das geteilte Berlin bildet die ständig regennasse Kulisse für die blutigen Rituale des Hexenzirkels, der symbolisch für die Positionierung der Frau in der Kunst und in der Gesellschaft gesehen werden kann. „Suspiria“ hat Längen, bleibt einem aber sicherlich für immer im Gedächtnis.

Bin ich hier richtig? Dakota Johnson als Susie im Hexen-Drama „Suspiria“.
Bin ich hier richtig? Dakota Johnson als Susie im Hexen-Drama „Suspiria“.imago images

„Westler “ (1985) und „Coming Out“ (1989)

Sicherlich einer der schönsten Filme über eine Liebe, die hier keine Grenzen akzeptieren will, ist Wieland Specks „Westler“ über den Wessi Felix, der sich bei einem Tagesbesuch mit einem amerikanischen Bekannten in den Ossi Thomas verliebt. Dazu gibt es viele heimlich gedrehte Aufnahmen von Ost-Berlin, die die Romanze auch noch zu einem wichtigen Zeitdokument machen.

Coming out: Matthias Freihof in Heiner Carows gleichnamigem Film.
Coming out: Matthias Freihof in Heiner Carows gleichnamigem Film.Imago Images

Ähnlich wunderbar ist der kurz vor der Wende entstandene Film „Coming Out“ von Heiner Carow mit Matthias Freihof, Dagmar Manzel und Dirk Kummer in den Hauptrollen: Ein junger Lehrer im Ost-Berlin kurz vor dem Mauerfall, der sich ebenfalls vor einer großen Zäsur sieht und sich über seine sexuelle Orientierung klarwerden muss. Übrigens der einzige Film der DDR, der die Homosexualität als zentrales Thema behandelt.

Coming-of-Age und Coming-out: Sigurd Rachmann in Wieland Specks Film „Westler“
Coming-of-Age und Coming-out: Sigurd Rachmann in Wieland Specks Film „Westler“Imago Images

„Possession“ (1981)

Andrzej Zulawskis Berlin-Film ist eine Prüfung in jeder Hinsicht, inhaltlich wie auch ästhetisch. Das Ehepaar Mark (Sam Neill) und Anna (Isabelle Adjani) hat sich auseinandergelebt und liefert sich fortan einen so surrealen wie blutigen Rosenkrieg, CIA-Agenten, Lovecraft-Tentakel-Monster und blutige Fehlgeburten im U-Bahnhof Platz der Luftbrücke (damals noch Station „Kreuzberg“) inklusive.

Der Film ist eine Zumutung, der man sich aber in keiner Sekunde entziehen kann und der auf jeden Fall einen Hingucker wert ist. Zudem sieht man wirklich viel vom West-Berlin der 80er-Jahre auf den verschiedenen Stationen durch die blutrünstige Body-Horror-Achterbahnfahrt. „Possession“ ist eindeutig mehr Kunst- als Unterhaltungskino, aber bis heute ein faszinierender Film mit einer bis an den Rand des Irrsinns agierenden Isabelle Adjani.

Schön, verrückt und schön verrückt: Isabelle Adjani in „Possession“
Schön, verrückt und schön verrückt: Isabelle Adjani in „Possession“imago images

„Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ (1981)

Viel Berlin, viele Drogen, viel David Bowie. Uli Edels Adaption des Stern-Buchs ist sicherlich keine Abschreckung, wenn es um den Heroinkonsum der Hauptdarstellerin geht, sondern eher eine glamouröse Hommage an einen Lebensstil zwischen Pop und Spritze im Berlin der Endsiebziger.

Christiane F. (Natja Brunckhorst) tingelt zwischen der Neuköllner Gropiusstadt, Kudamm und Bahnhof Zoo, zwischen Diskothek-Sounds und Bowie-Konzert und liefert als unglaublich schöne und kaputte Heldin die Blaupause für den Look vieler Kids dieser Zeit, denen ein angepasster Stil zwischen Reihenhaus und Popperklamotten nichts gab. Alles in allem ein mittelmäßiger Film, aber ein tolles Zeitdokument und Zeugnis eines abgefuckten Nachkriegs-West-Berlins.

Natja Brunckhorst als Christiane F. in „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“.
Natja Brunckhorst als Christiane F. in „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“.imago images

„B-Movie: Lust & Sound in West-Berlin 1979–1989“ (2015)

Den sperrigen Titel sollte man ruhig ignorieren, denn dann macht Regisseur Mark Reeders Essayfilm von 2015 über die Berliner Hausbesetzer-Szene bis hin zur ersten Loveparade großen Spaß. Selten sah man so viele tolle Bilder aus dieser Zeit und so viele tolle Bands in rund anderthalb Stunden: Gudrun Gut, Blixa Bargeld, Die Tödliche Doris, Nick Cave und WestBam treten in Erscheinung und zeigen ein Berlin, wie es nie mehr existieren wird – ein Ort, an dem jegliche Kreativität ausgelebt werden konnte.

Hat offenbar einen Vogel und ist ganz sicher ein musikverliebter Nerd: Mark Reeder hat einen der besten Filme über Berlin in der Epoche vor dem Mauerfall gedreht.
Hat offenbar einen Vogel und ist ganz sicher ein musikverliebter Nerd: Mark Reeder hat einen der besten Filme über Berlin in der Epoche vor dem Mauerfall gedreht.imago images