Die einzig berechtigte Frage stellte die Kollegin: „Warum machen die den Mist alle mit?“ Ja, warum lassen sich alle einspannen, um Werbung für den neuen Roman von Benjamin Stuckrad-Barre zu machen? Der ehemalige Popliterat treibt gekonnt die Promi- und Medienblase vor sich her, lockt die einen, weist die anderen ab, treibt Keile in die Meute – die bekannten disruptiven Strategien, die eingefahrene Zuständigkeiten und Arbeitsabläufe durcheinanderbringen sollen: „Noch wach?“
Keine Vorabexemplare für die Medienmeute
Jetzt bloß nicht als Spielverderber gelten oder zu den beleidigten Muffeln gehören, die nicht eingeweiht werden. Dass Stuckrad-Barre keine Rezensionsvorabexemplare seines Romans verschickt, setzt den Wettbewerb in Gang und den Aktualitätsdruck herauf. Zugleich öffnet es Spekulationen Tür und Tor. Ob da am Ende qualifizierte Rezensionen herauskommen, ist erst einmal nachrangig.
Als er am Wochenende ein Video mit Beteiligung von ca. 70 Prominenten via Instagram veröffentlichte, suchten die Propheten Ansatzpunkte für inhaltliche Vorhersagen. Offenbar hat Stuckrad-Barre seine Promi-Kontakte durchgescrollt und um einen ins Handyobjektiv gesprochenen Satz gebeten: „Da müssen sich die Frauen auch nicht wundern.“ So laute der Titel des ersten Kapitels. Das funktioniert also schon mal als Rädchen in der Marketingmaschine. Denn instrumentalisiert werden nicht nur die beteiligten Promis, sondern auch die Medien, die auf den Werbefilm eingehen. Ja. Auch hier. Aber.
Ein Bannspruch wird gebrochen
Wir wollen das Filmchen dennoch kurz als eigenes Kunstwerk würdigen, als ein Werk der Konkreten Poesie. Die Wiederholung von Sätzen oder Worten macht dieselben zu rätselhaften Zaubersprüchen. Die Bedeutung verflüssigt sich, entgleitet, Klang und Rhythmus des Gesprochenen variieren, die Abfolge von Lauten und Geräuschen wird immer fremder, justiert den Dechiffrierapparat um und färbt auf den Inhalt ab. Das ist ein schönes altes Kinderspiel. Stichwort: Die Kuh lief um den Teich.
