Es ist mal wieder so weit: Der Winter ist da und die respiratorischen Virusinfekte häufen sich. In der Versorgung besonders kleiner Patienten allerdings ergibt sich dadurch aktuell ein akuter Notstand. Das sogenannte Respiratorische Synzytial-Virus (RSV), das schon im vergangenen Jahr für teils dramatische Szenen in den Kinderkliniken gesorgt hat, ist nun wieder auf dem Vormarsch.
Und sorgt in ganz Deutschland dafür, dass Klinikbetten für die kleinen Patienten noch rarer werden, als sie ohnehin schon sind – und die medizinische Versorgung somit gefährdet ist.
„Die RSV-Welle baut sich immer weiter auf und macht bei vielen Kindern die Behandlung mit Atemunterstützung notwendig“, erklärte Sebastian Brenner am Donnerstag in Hamburg. Er ist Kongresspräsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi). „Wir können Stand heute davon ausgehen, dass es zu dieser Behandlung nicht genügend Kinderintensivbetten gibt.“ Dementsprechend könnten nicht mehr alle Kinder versorgt werden. Grund sei vor allem Personalmangel.
Notfallmediziner warnen vor „katastrophaler Situation“ in Kinderkliniken
Die Notfallmediziner warnen vor einer „katastrophalen Situation“ in Kinderkliniken. Jede zweite der 110 von der Divi aktuell befragten Kliniken habe berichtet, dass sie in den vergangenen 24 Stunden mindestens ein Kind nach Anfrage durch Rettungsdienst oder Notaufnahme nicht für die Kinderintensivmedizin habe annehmen können. „Diese Situation verschärft sich von Jahr zu Jahr und wird auf dem Rücken kritisch kranker Kinder ausgetragen“, erklärte Divi-Generalsekretär Florian Hoffmann. Bei rund 80 Prozent der befragten Kliniken fehlten Pflegekräfte, teilweise fehlten auch Ärztinnen und Ärzte.
Dabei sei der Höhepunkt der aktuellen Welle von Atemwegsinfektionen bei Kindern noch längst nicht erreicht. Auch der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) rechnet deshalb mit einer weiteren Verschärfung der Infektionswelle. „Es fängt jetzt gerade erst richtig an“, sagte BVKJ-Präsident Thomas Fischbach. Die RSV-Welle könne noch einige Tage weiter ansteigen.
In Berlin reagiert nun die Charité auf den Versorgungsengpass: „Angesichts der derzeitigen jahreszeitbedingten Häufung von akuten respiratorischen Virusinfekten bei Säuglingen, einschließlich RSV“, so eine Mitteilung, „wird die Charité – Universitätsmedizin Berlin in den kommenden Tagen mit den anderen Kinderkliniken Berlins ein organisatorisches Netzwerk Kindermedizin einrichten, vergleichbar mit dem Save-Netzwerk in der Hochphase der Corona-Pandemie.“
Als Level-1-Klinik steuerte die Charité schon zu Beginn der Corona-Pandemie berlinweit die Belegung der Intensivbetten und versorgte zudem die schwersten Fälle. Das Vorgehen werde nun für RSV wiederholt und von der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit, Pflege und Gleichstellung unterstützt.



