Paul-Ehrlich-Institut

Corona-Schnelltest: Wie zuverlässig ist das Ergebnis?

Das PEI hat 122 Schnelltests überprüft und große Unterschiede festgestellt. Welche sind besonders empfindlich, welche sind durchgefallen? Eine Übersicht.

Die Viruslast im Nasen-Rachenraum ist laut dem Präsidenten des Paul-Ehrlich-Instituts bei geimpften und nicht geimpften Corona-Infizierten vergleichbar hoch.
Die Viruslast im Nasen-Rachenraum ist laut dem Präsidenten des Paul-Ehrlich-Instituts bei geimpften und nicht geimpften Corona-Infizierten vergleichbar hoch.Berliner Zeitung/Markus Wächter

Berlin-Die Zahl der Neuinfektionen klettert unentwegt, ein Ende der Pandemie scheint auch angesichts der neuen Omikron-Variante noch lange nicht in Sicht. Neben mehr (Booster-)Impfungen und Verschärfung der Corona-Maßnahmen rückt das Thema „mehr Testungen“ immer wieder in den Fokus – ob in den eigenen vier Wänden oder im Testzentrum. Seit Anfang des Jahres sind Corona-Schnelltests für den Privatgebrauch zugelassen und in Drogerie- oder Supermarkt erhältlich – aktuell jedoch nur mit großem Glück aufzufinden.

So gut wie jeder kennt wahrscheinlich den Gebrauch: Meist nimmt man einen Abstrich aus der Nase, verquirlt das Wattestäbchen mit dem Sekret in einer Flüssigkeit und tröpfelt wiederum diese auf ein Plättchen, das optisch an einen Schwangerschaftstest erinnert. Und dann hofft man auf einen einzigen Streifen am „C“: Sars-CoV-2-negativ. Taucht noch ein Streifen am „T“ auf, kann es bedeuten, selbst wenn er fade ist, dass man positiv auf Corona getestet wurde. Die Empfehlung: Sofort isolieren, beim Gesundheitsamt anrufen, und zusätzlich einen PCR-Test machen, der das Ergebnis bestätigt oder falsifiziert.

Aber wie sicher kann man sich sein, dass das Ergebnis richtig ist? Das Team um Heinrich Scheiblauer vom Paul-Ehrlich-Institut fand nun heraus: Die Qualität der Schnelltests unterscheidet sich zum Teil erheblich, wie die Studie im Fachmagazin Eurosurveillance zeigt.

Drosten: Schnelltests vor Symptombeginn nicht empfindlich genug

Zur Erinnerung: Corona-Selbsttests spüren in den Sekreten der Atemwege, also im Abstrich aus dem Nasen-Rachenraum, bestimmte Bestandteile des Virus auf, sogenannte Antigene, weshalb die Tests auch als Antigentest bezeichnet werden. Zum Vergleich: Bei der Polymerase-Kettenreaktion, also dem PCR-Test, wird nach viralem Erbmaterial gesucht, es können letztlich auch niedrige Virusmengen detektiert werden, weshalb PCRs als zuverlässiger gelten gegenüber Schnelltests und auch seltener einen Fehlalarm auslösen. Bis das Ergebnis vorliegt, vergehen allerdings mindestens einige Stunden. Das Ergebnis des Schnelltests liegt dagegen, je nach Hersteller, innerhalb von zehn bis 15 Minuten vor.

Schnelltests können also helfen, Infizierte schneller zu finden und entsprechend Infektionsketten schnell zu durchbrechen. Sie dienen vor allem dazu, nachzuweisen, ob eine Person gerade ansteckend ist, wie es auf der Seite des Fernseh-Wissenschaftsmagazins „Quarks“ heißt. Sie sollen genau in dem Zeitraum anschlagen, in dem die Viruslast und das Risiko einer Verbreitung am höchsten sind – zum Beispiel in dem Zeitraum, wo die Person auch coronatypische Symptome aufweist. Sie können also nützlich sein, um den Verdacht auf Covid-19 zu klären. Schnelltest schlagen wiederum seltener oder nicht mehr an, wenn die Probe wenig Viren enthält, das wäre laut Spektrum beispielsweise zu Beginn oder Ende einer Covid-19-Erkrankung der Fall. Christian Drosten erklärte zuletzt, dass Schnelltests vor Symptombeginn nicht empfindlich genug seien. Insbesondere an den drei Tagen vor Symptombeginn könnte nach Angaben des Virologen eine Sicherheitslücke bestehen.

96 von 122 Tests erreichen Sensitivitätsrate von 75 Prozent

Das Ergebnis eines Schnelltests kann negativ sein, obwohl die getestete Person ansteckend ist, umgekehrt kann auch ein positives Ergebnis falsch sein. Das Problem: Für eine Zulassung in Europa können Hersteller derzeit ihre Tests noch selbst zertifizieren. Ab Mai 2022 müssen die Produkte auch in unabhängigen Labors überprüft werden, bevor sie verkauft werden dürfen.

Wieso das dringend geboten ist, zeigt die aktuelle Studie des PEI: Das Institut hat eine Stichprobe von 122 Schnell- und Selbsttests überprüft, die Hersteller beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gemeldet hatten. Untersucht wurde die Empfindlichkeit der Tests – das Kriterium war eine Sensitivität von 75 Prozent. Der Antigentest musste mindestens in 75 Prozent der Fälle Alarm schlagen, wenn in der Probe eine bestimmte Virusmenge vorlag, wie Spektrum zusammenfasst.

Insgesamt 96 Tests erreichten die Sensitivitätsrate von 75 Prozent. 26 der 122 überprüften Tests sind dabei durchgefallen, weil sie das Virus zu schlecht nachgewiesen haben. Damit hat mehr als jeder fünfte Test die Mindestvoraussetzung für zuverlässige Ergebnisse nicht erfüllt. 20 Tests erwiesen sich als besonders empfindlich, erkannten also auch eine niedrige bis moderate Viruslast. Hier eine Auswahl der geprüften Antigentest, eine vollständige Liste gibt es im Tabellenformat bei Eurosurveillance:

Kann die Impfung das Schnelltestergebnis verfälschen?

Eine Frage bleibt: Unterscheidet sich die Empfindlichkeit der Schnelltest zwischen geimpften und ungeimpften Personen?

„Nach derzeitigem Kenntnisstand ist bei der aktuell vorherrschenden Delta-Variante der Peak der Viruslast im Nasen-Rachenraum bei geimpften und nicht geimpften Sars-CoV-2-Infizierten vergleichbar hoch“, erklärt Klaus Cichutek, Präsident des PEI auf Anfrage der Berliner Zeitung. Eine Infektion würde also in diesem Stadium gleichermaßen erkannt. Dagegen sei die Virusausscheidung bei Geimpften zeitlich betrachtet kürzer. 

Die aktuell zugelassenen Impfstoffe würden Antikörper gegen das körpereigene Spike-Protein (S-Protein) als Antigen auslösen, erklärt der Biochemiker. Die große Mehrheit der auf dem Markt erhältlichen Antigen-Schnelltests verwende dagegen das Nukleoprotein-Antigen für den Nachweis der Infektion. „Die Bildung von Antikörpern gegen das S-Protein nach der Impfung sollte also den Nachweis einer Infektion mit einem auf N-Protein basierenden Antigen-Schnelltests nicht beeinträchtigen“, so Cichutek weiter.

Die Antigenschnelltests dienen dazu, Menschen mit hoher Viruslast zu erkennen, und damit Situationen mit hoher Übertragungswahrscheinlichkeit zu vermeiden. Hohe Viruslasten treten im Nasen-Rachenraum bei ungeimpften Sars-CoV-2-Infizierten bis zu einer Woche nach Infektion auf. Diese Zeitdauer sei laut dem PEI-Präsidenten bei geimpften infizierten Personen verkürzt. „Da Geimpfte für eine kürzere Zeit eine hohe Viruslast haben, könnte indirekt der Eindruck entstehen, dass eine Infektion mit geringerer Wahrscheinlichkeit erkannt wird.“