Berlin-Wir alle wollen uns doch immer gesünder und nachhaltiger ernähren. Auch, weil viele von uns während der Corona-Pandemie ganz schön viel Biberspeck angehäuft haben. Der muss jetzt wieder runter. ASK 2022 – das steht für Aktion Sommerkörper 2022 – ist jetzt das Motto. Aber auch aus einem anderen Grund verzichten die Berliner immer häufiger auf Fleisch aus Massentierhaltung, Gut-&-Günstig-Teewurst und billige Milchprodukte. Denn Klimaschutz, niedrige Treibhausgasemissionen und Tierwohl denkt der moderne Großstädter inzwischen auch bei seiner Ernährung mit. Unter der Woche geht es im Jahr 2022 nicht nur für Eltern von Waldorfschülern inzwischen zum Biomarkt.
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Trotzdem ist dieser asketische Lebensweg nicht allein selig machend. Wir brauchen auch ein wenig Sünde. Schließlich liegt darin die Würze des Zusammenlebens, und es kommt keine Langeweile auf. Ein Beispiel: Was machen wir, wenn wir Sonnabendmorgen mal verkatert sind? Wenn unser Körper nicht mit Beluga-Linsensalat oder Avocado-Sauerteig-Schnitte befriedigt werden kann, sondern einfach nur ganz viel Fett, Salz und Zucker auf einmal aufnehmen möchte? Wenn uns für einen Wimpernschlag mal egal ist, dass das Hähnchen (in diesem Fall goldbraun paniert und mit klebriger koreanischer Sojasoße übergossen) für sein ideales Schlachtgewicht nur 30 Tage Leben hatte?
Kleine grüne Bude: früher Currywurst, heute Korean Fried Chicken
Ja dann, liebe Leserinnen und Leser, pilgern wir mit Vorfreude zu „Guten Dag“. Das heißt aus dem Koreanischen übersetzt „Guten Hähnchen“. Und stellen uns geduldig unter den Gleisen der S-Bahn-Station Schönhauser Allee in die Schlange. An dem runden, grünen Imbissstand – der früher mal eine Currywurstbude war – werden sündhaft billige Zutaten verwendet, die werden hier aber vom freundlichen Personal gekonnt zu kleinen Knusper-Kunstwerken zusammenfrittiert und dann auf Pappe gelegt. Nicht immer muss Essen im neuen Berlin in Fine-Dining-Manier auf asymmetrischen Steingut-Tellern serviert werden. Gerade so klebrige Imbissgerichte wie frittiertes Hähnchen und fette Würste gehören rustikal präsentiert: In Styropor-Boxen, auf Zeitungspapier (Fish & Chips) oder in Plastikschälchen.
Wer mal in Griechenland, am besten in Athen, feiern war, der weiß natürlich, wie wunderbar erfüllend ein richtig guter „Vromiko“ morgens halb sechs sein kann. Sie verstehen nur Bahnhof? Vromiko bedeutet auf deutsch so viel wie Dreck oder Schmutz. Gemeint sind damit Food-Trucks und Imbissbuden (eine bekannte heißt „Hotdogadiko“) , die noch tief in der Nacht ihre Tore offenhalten und billigste Chicken Nuggets, Hotdogs und Pommes mit Mayonnaise aus dem 10-Liter-Eimer an hungrige Trinker verkaufen. Und sowas ist doch der Traum des Berliner Nachtschwärmers, oder?
Pommes Frites trotz Sonnenblumenöl-Krise
Pommes Frites gibt es daher, trotz Sonnenblumenöl-Krise, natürlich auch bei „Guten Dag“. Man sollte die goldenen Glücksstäbchen unbedingt bestellen. Wundern Sie sich aber bitte nicht, dass sie weder heiß noch knusprig sind. Denn genau das ist hier der Clou: So nehmen sie die Soßen (es gibt zwei, und die kommen hier stilecht aus einem riesigen Plastikeimer) besser auf. Zwar bietet „Guten Dag“ auch Kimchi und eingelegten Rettichsalat an, aber die werden als Beilage meist nur vom Anfänger bestellt. Der Experte konzentriert sich hier aufs Wesentliche. Und wird begeistert sein.
Abschließend sei für diejenigen gesagt, die die Umgebung (viel Taubenscheiße) unter den Gleisen an der lauten Bundesstraße befremdlich finden, dass es wirklich kaum einen besseren Imbiss in der Nähe gibt. Um es mit den Worten eines begeisterten Guten-Dag-Google-Rezensenten (5 Punkte!) zu sagen: „Das leckere Hühnchen tröstet über all das hinweg. “ Wir haben nichts hinzuzufügen.
Wer in Kreuzberg lebt, kann übrigens klebriges Hühnchen bei Song Song Chicken in der Zossener Straße essen (auch gut, Bewertung folgt). Oder man bestellt bei Shaniu's Noodle House, eines der besten China-Restaurants der Stadt, die riesigen, frittierten koreanischen Hühnchen-Bälle. Koreanische Bälle beim Chinesen? Ja! Warum, erfahren Sie hier.
Angebot: 6 Stück paniertes Hähnchenkeulenfleisch („Small ohne Knochen“) mit Pommes und scharfer Sojasoße kosten 10 Euro. Ein halber Liter Berliner Kindl komplettiert das Angebot auf runde 13 Euro.
Bewertung: 4 von 5 Punkte!
Guten Dag – Korean Fried Chicken, Unter den Gleisen, Schönhauser Allee 71–72, 10437 Berlin, täglich 12–22 Uhr.


