Bundesregierung

Asylbewerber: Jeder dritte Flüchtling kam aus EU-Land

Als vor einem knappen halben Jahr Hunderte von Flüchtlingen vor Lampedusa ertranken, war die Kritik groß an der Regelung, wonach das EU-Land, dessen Boden ein Flüchtling zuerst betreten hat, für die Unterbringung und das Asylverfahren zuständig ist. EU-Randländer wie Italien, Malta oder Griechenland beklagten, sie seien dadurch überproportional von der Zunahme der Flüchtlinge betroffen. Vor allem Deutschland aber schloss eine Änderung der Dublin-II-Verordnung und damit eine Neuverteilung der Flüchtlinge in der EU kategorisch aus.

Linke kritisiert Dublin-Verfahren

Neue Zahlen legen allerdings nahe, dass das Dublin-System schon längst nicht mehr funktioniert. Denn 2013 ging die Bundesregierung bei jedem dritten Asylgesuch davon aus, dass ein anderer EU-Staat zuständig ist. Im vierten Quartal waren es sogar 51,9 Prozent aller Verfahren. Zum Vergleich: 2012 waren es nur 17,8 Prozent. Konkret heißt das, dass immer mehr Flüchtlinge ihren Weg nach Deutschland finden, obwohl sie nach der Dublin-II-Verordnung ihr Asylverfahren in ihrem Erstaufnahmeland durchlaufen müssten.

Zugleich gelingt es aber immer seltener, die Dublin-Regeln auch durchzusetzen, das heißt, Asylsuchende werden immer seltener in die EU-Länder zurückgeschickt, über die sie eingereist sind. Folgten im Jahr 2012 den Dublin-Ersuchen noch 26,5 Prozent Überstellungen, sank der Anteil im Jahr 2013 auf 13,4 Prozent, wie die Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion einräumte.

Für die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, hat sich das Dublin-Verfahren damit nicht nur als ungerecht und unmenschlich erwiesen, „es ist zudem vollkommen ineffektiv“, kritisierte sie. Denn nur zu einem kleinen Teil werde die festgestellte Zuständigkeit innerhalb der EU dann auch tatsächlich durchgesetzt. „Das liegt zum Teil an Gerichtsentscheidungen, mit denen Überstellungen aufgrund erheblicher Mängel der Aufnahme- und Asylsysteme in anderen EU-Ländern verhindert werden. Zum Teil tauchen Asylsuchende aus Angst vor einer Abschiebung in ein anderes EU-Land unter“, sagte Jelpke.

Wiederaufnahme verweigert

Viele EU-Länder scheinen das Regelwerk aber auch bewusst zu unterwandern, indem sie ihre Zuständigkeit für Flüchtlinge trotz der Nachweise wie Fingerabdruckvergleiche, Tickets oder den Aussagen der Betroffenen bestreiten und sich weigern, die Flüchtlinge wieder aufzunehmen. Das geschah 2013 immerhin in etwa 16 Prozent aller Fälle. Die Linkspolitikerin fordert deshalb: „Statt ein aus staatlicher Sicht nicht funktionierendes und aus Sicht der Flüchtlinge häufig inakzeptables Verteilungssystem mit aller Macht aufrecht erhalten zu wollen, sollte die EU sich schleunigst um eine menschengerechte und praktikable Alternative kümmern.“

Schon länger kritisieren Experten, dass die Prüfung der Dublin-Verfahren mitunter länger dauert als die Bearbeitung eines normalen Asylgesuchs. Alternativ schlagen sie deshalb einen Verteilungsschlüssel vor, der ein faireres Verfahren sichern soll, in dem je nach Bevölkerungszahl und Wirtschaftskraft festgelegt wird, wie viel Flüchtlinge ein Mitgliedsstaat aufnehmen müsste.