Berlin

Zunehmende Bemühungen um Kooperation in der rechtsextremen Szene: Neonazis setzen auf Radikalisierung der NPD

BERLIN, 27. Oktober. Die NPD hat in ihrem Bemühen um eine Kooperation mit parteiunabhängigen militanten Neonazis offenbar zunehmend Erfolg. Der jüngst erfolgte Eintritt des Rechtsextremisten Norman Bordin in die Partei spricht dafür, dass die Front der NPD-Gegner um den Hamburger Neonazi-Führer Christian Worch bröckelt. Der wegen Körperverletzung vorbestrafte Bordin ist als "Gausekretär Süd" ein Führungsmitglied im "Kampfbund Deutscher Sozialisten" (KDS), der sich noch im Mai gemeinsam mit Worch strikt gegen eine Unterstützung der NPD durch so genannte "Freie Nationalisten" ausgesprochen hatte.Worch - Organisator der meisten Neonazi-Aufmärsche in Deutschland - hatte im Frühjahr davor gewarnt, dass die NPD bei den frei organisierten rechten Kameraden nur "ein paar nützliche Idioten" suche. Der bundesweit organisierte KDS, der sich als Sammelbecken "rechter und linker Nationalsozialisten" versteht, hatte ihn seinerzeit in dessen ablehnender Haltung ausdrücklich unterstützt. Während Worch auch nach dem Wahlerfolg der NPD in Sachsen bei seiner Anti-Haltung bleibt, gibt es im KDS offenbar einen Meinungsumschwung. Zurückzuführen ist dies nach Meinung von Insidern auf einen Auftritt des Neonazi-Führers Thomas Wulff auf dem letzten "Gautreffen" des KDS am 3. Juli in Leverkusen. Wulff, der vergangenen Monat der NPD beitrat, hatte monatelange Verhandlungen mit der NPD-Führung über die Bildung einer "Volksfront von Rechts" geführt. Auf dem "Gautreffen" in Leverkusen gelang es Wulff offenbar, den KDS von den Vorzügen einer Kooperation mit der NPD für die rechtsextreme Szene zu überzeugen. Das macht auch eine der Berliner Zeitung vorliegenden Erklärung von KDS-Chef Thomas Brehl deutlich. Darin begrüßt er ausdrücklich den Eintritt Bordins in die NPD. "Es muss für jeden bekennenden Nationalsozialisten, der Mitglied dieser Partei wird, Pflicht sein, möglichst bedeutende Posten auf allen Führungsebenen der Nationaldemokraten anzustreben, um den nationalrevolutionären Einfluss zu vergrößern und den der kleinbürgerlichen Reaktionäre zurückzudrängen", erklärt Brehl. Die unverblümten Worte des KDS-Anführers dürften den innerparteilichen Konflikt in der NPD um eine Kooperation mit den Neonazi-Gruppen noch verschärfen. Schon einmal, 1996, hatte NPD-Chef Udo Voigt die Partei militanten Neonazis geöffnet. Die zu dieser Zeit dahinsiechende Partei konnte zwar fast 1 500 Mitglieder dazu gewinnen und den Altersdurchschnitt senken. Die von den radikalen Neumitgliedern aber zum Teil offen postulierte Ablehnung von Verfassungsnormen führte schließlich zu dem Verbotsverfahren gegen die Partei, in deren Verlauf sich die NPD von den Neonazi-Gruppen wieder abgrenzte. Kritiker in der Partei fürchten nun erneut eine Radikalisierung der NPD, sollten einflussreiche Neonazis auf Führungspositionen gelangen. Ob es Voigt gelingen kann, diese Kritik abzuwehren und seinen Annäherungskurs an die Rechtsextremisten durchzusetzen, wird der Parteitag am kommenden Wochenende zeigen: Dann kandidieren mindestens zwei namhafte Neonazi-Führer für den Bundesvorstand.------------------------------Braune Kameraden // Norman Bordin, der jetzt der NPD beigetreten ist, war vor der Mitgliedschaft im KDS Gründer und Kopf der rechtsradikalen "Kameradschaft Süd". Weil er in München einen Griechen halb tot prügelte, musste er 15 Monate Haft absitzen.Prominentes Neumitglied der NPD ist auch Michael Regener, Kopf der Rechtsrockband "Landser". Wegen ihrer rassistischen und volksverhetzenden Texte sind die Bandmitglieder verurteilt worden. Regener, der großes Ansehen in der Szene hat, muss für drei Jahre und vier Monate in Haft, wenn das Urteil rechtskräftig ist.------------------------------Foto: Gruppenbild vom "Gautreffen" des KDS am 3. Juli in Leverkusen. Links vorn NPD-Neumitglied Norman Bordin; rechts von ihm - mit Schiebermütze - Neonazi-Führer Thomas Wulff. In der Mittelreihe KDS-Chef Thomas Brehl (4. v. r.).