Wäre der österreichische Schriftsteller Thomas Bernhard in Berlin (und noch am Leben), er würde sicher bei „Felix Austria“ in der Bergmannstraße 26 essen. Doch Vorsicht: Der Gast, der auf der Suche nach dem proletarisch anmutenden Restaurant in Kreuzberg ist, muss genau hinschauen. Denn nur ein paar Meter weiter an der Häuserecke befindet sich das Restaurant „Austria“ (Bergmannstraße 30), ebenso ein österreichisches Lokal mit einem ähnlichen Angebot und ähnlicher Atmosphäre, also: große Verwechslungsgefahr! Dem Gerücht nach haben beide Restaurantbetreiber einst zusammengearbeitet, sich zerstritten und schließlich irgendwann getrennt. So soll die kuriose Konkurrenzsituation entstanden sein.
Wer aus Versehen beim „Austria“ anruft, dann aber eigentlich im „Felix Austria“ einen Tisch reservieren möchte, wird mit wirschen Reaktionen rechnen müssen. Denn: Trotz der jahrelangen Ko-Existenz sollen sich beide Restaurantbetreiber immer noch nicht wohlgesonnen sein. Aber wie gesagt: Das sind alles nur Gerüchte! In den Bewertungsskalen bieten sich beide Restaurants jedenfalls ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Fragt man echte Wiener, tendieren die meisten zum „Felix Austria“, das auch bei Google einen leichten Vorsprung bei den Bewertungen hat (4,4 Punkte statt 4,3 wie beim „Austria“ an der Häuserecke).
Ein Hochgenuss!
Der Test hat uns ins „Felix Austria“ geführt. Nächste Gefahr: Das Restaurant verfügt über zwei Eingänge. Der rechte Eingang führt in die Kaffeehausversion, wo sich auch die Bratküche befindet. Gäste, die über keine Reservierung verfügen, müssen nun also mit dem rechten Eingang und dem schlauchartigen Raum Vorlieb nehmen, der nicht nur wegen der Enge einige Nachteile bietet, sondern auch wegen der offenen Bratküche, deren Schmorgeruch gerade in der kalten Jahreszeit sich fest in jeden Wintermantel beißt. Wer hier landet, wird vermutlich tagelang nach Wiener Schnitzel riechen. Für die einen eine wunderbare Erinnerung, für die anderen eine olfaktorische Qual.
Wer schlau ist und vorher reserviert, darf den linken Eingang nehmen und Platz finden in einem rustikal eingerichteten und doch gemütlichen Gastraum, der an das Wien der 1970er-Jahre erinnert. Man könnte meinen, dass das Lokal eine Renovierung benötigt. Aber wer das sagt, hat den Charme Wiener Patina nicht verstanden. K-und-K-Monarchie lässt grüßen! (Außerdem: Für Raucher gibt es einen gesonderten Raucherraum. Ebenfalls eine olfaktorische Erfahrung.)
Und was haben wir probiert? Natürlich, das Wiener Schnitzel! Es wird hier quasi in vier Variationen angeboten. Einmal die Normal- und Kleinportion aus Kalb. Dann gibt es das gleiche Doppel nochmals als Schweine-Variante. Im Felix Austria sind die Proportionen auf Wiener Mägen genormt, insofern darf man sich nicht wundern, wenn man nur die Hälfte der Normalportion schafft. Das Wiener Schnitzel wird hier mit (lauwarmem!) Erdäpfel- und kaltem Gurkensalat serviert, typisch österreichisch.
Und was sagt der Test? Der Biss ins Wiener Kalbschnitzel ist ein absoluter Hochgenuss! Die Panade ist kross und wellenförmig, das Fleisch zart und gut gesalzen, die Kruste knackig und doch nicht zu trocken. Die Vermutung liegt nahe, dass das Schnitzel in Schmalz gebacken wurde. Selbst nach dem Verspeisen der Gigaportion (also der Normalportion) fühlt man sich extrem satt, aber eben nicht übersättigt. Der Kartoffelsalat ist perfekt gewürzt und schmeckt nach Hausmannskost. Und das alles für knapp 22,- Euro! Gesamturteil: Wir schließen uns den Wiener Gerüchten an. Im Felix Austria gibt es vermutlich eines der besten Wiener Schnitzel in Berlin.
Bewertung: 4 von 5 Punkten
Felix Austria, Bergmannstraße 26, 10961 Berlin. Öffnungszeiten: täglich, 12-0 Uhr.
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