Finanzen

MBS: Der Prinz, der Joe Biden ins Leere laufen ließ

Der saudische Kronprinz Mohammed Bin Salman hat dem US-Präsidenten signalisiert, dass man nur an bestimmten Werten des Westens interessiert sei.

Joe Biden der saudische Kronprinz Mohammed Bin Salman (im Vordergrund) am 16. Juli in  Dschidda.
Joe Biden der saudische Kronprinz Mohammed Bin Salman (im Vordergrund) am 16. Juli in Dschidda.AFP

Mohammed Bin Salman, der saudische Kronprinz, sei der „klare Sieger“ des Treffens mit Joe Biden gewesen, befindet die Times of Israel: Vergangene Woche hatte der US-Präsident versucht, MBS, wie der neue starke Mann der Saudis abgekürzt genannt wird, dazu zu bewegen, die Erdölproduktion hochzufahren. Doch trotz eines veritablen „Kotaus“ habe Biden die Hafenstadt Dschidda mit leeren Händen verlassen: Die Staaten des sogenannten Golfkooperationsrats hatten Biden die kalte Schulter gezeigt.

Das Kartell der Erdölproduzenten habe Biden zu verstehen gegeben, dass man sich im Nahen Osten mittlerweile nicht im Mindesten mehr für die politische Agenda des Weißen Hauses in Washington interessiere, sagte ein Händler dem Guardian. Man werde die Preise an den Märkten orientieren und nicht an geopolitischen Vorlieben.

Kühle Atmosphäre beim Treffen zwischen Biden und Bin Salman

Die Abfuhr, die MBS Biden bescherte, ist nur auf den ersten Blick eine Retourkutsche für Bidens aggressive Ankündigungen – er hatte Saudi-Arabien nach dem Tod des Washington-Post-Mitarbeiters Jamal Khashoggi einen „Paria“ genannt und dem Land mit Isolation und Ausgrenzung gedroht.

Der 36-jährige Kronprinz verfolgt seit seiner Ernennung zum Nachfolger seines greisen Vaters Salman ibn Abd al-Aziz als Herrscher der Saudis einen prononciert eigenen Kurs: Er will das theokratisch organisierte Königreich behutsam liberalisieren und seine Wirtschaft diversifizieren.

Zur Durchsetzung seiner Interessen setzt MBS auch auf Krieg, wie etwa gegen den Jemen: Dort wird er von Briten und Amerikanern unterstützt, auch Deutschland liefert Waffen an die Allianz, wenngleich an die Saudis nur Geländewagen. Mohammed Bin Salman fühlt sich vom Westen nur mangelhaft unterstützt und lotet daher neue Partnerschaften aus. Zuletzt wurden die Saudis von China eingeladen, an der Gemeinschaft der BRICS-Staaten teilzunehmen.

Von den Amerikanern will sich MBS keine moralischen Vorhaltungen machen lassen: Der Experte in islamischem Recht und für Immobilienfragen ging gegen Joe Biden zum Gegenangriff über, als dieser ihm angeblich den Mord an Khashoggi vorzuhalten versuchte: Der Prinz forderte vom US-Präsidenten Aufklärung über die Ermordung der palästinensisch-amerikanischen Journalistin Shireen Abu Akleh und die Misshandlungen im Gefängnis von Abu Ghraib im Irak. Diese Ereignisse werfen ein schlechtes Licht auf die USA, erklärte MBS dem überraschten US-Präsidenten laut CNN. Ob der Dialog überhaupt so stattgefunden hat wie von Biden angegeben ist unklar: Laut Reuters sagte der saudische Auß0enminister nach dem Treffen, er habe nicht gehört, dass Biden MBS für den Mord an Khashoggi verantwortlich gemacht habe.

Ebenfalls unerfreulich für die Biden-Regierung: Im arabischen Lager scheint die Einheit gegen den Westen aktuell stärker zu sein als die Rivalitäten untereinander. So berichtet die Times of Israel, dass sich die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) weigerten, in eine Allianz gegen den Iran einzutreten. Obwohl die VAE seit kurzer Zeit diplomatische Beziehungen mit Israel unterhalten, will Abu Dhabi demnächst auch einen Botschafter nach Teheran entsenden. Dies ist für den Westen besonders kritisch, weil der Iran der engste verbündete Chinas in der Region ist. Die US-Regierung hat bereits vorsorglich gedroht, gegen alle Versuche, die Handelsstraßen am Persischen Golf zu unterbrechen, mit militärischer Gewalt vorgehen zu wollen.

MBS will die Gunst der Stunde nutzen: Die Saudis können die Lücke schließen, die sich durch die Isolierung der Russen im globalen Run auf Assets aufgetan hat. Durch die Teilprivatisierung des staatlichen Ölkonzerns Aramco hat Saudi Arabien seinen Staatsfonds Public Investment Fund (PIF) als milliardenschwere Kriegskasse zur Verfügung. Dass sie an bestimmten westlichen Werten weiterhin großes Interesse haben, bewiesen die Manager von MBS erst dieser Tage: Der PIF gab bekannt, mit etwa 600 Millionen US-Dollar beim James-Bond-Autohersteller Aston Martin einsteigen zu wollen. Auch andere Investments könnten dort folgen, wo russische Milliardäre als Putin-nahe Oligarchen gelabelt und enteignet werden.

Die Saudis sind bereits wichtige Shareholder bei zahlreichen Ikonen des Kapitalismus - wie etwa bei Boeing, Disney, CitiCorp, Facebook, BP, Marriott, Uber, Tesla, Nintendo oder Total. Wie sehr sich die Saudis alle Optionen offen halten wollen, zeigen ihre Investments in staatliche Fonds: Neben dem russischen Fonds für Direktinvestitionen ist der PIF auch in Brasilien und Frankreich im Private Equity-Bereich engagiert.