Politik

Wenn sich keine Frau für den BVG-Chefposten findet, soll der Vorstand vergrößert werden: Eine geht noch rein

Die Forderung, dass der nächste Chef der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) eine Chefin sein sollte, könnte das Landesunternehmen zusätzlich belasten. Denn Andreas Sturmowski, der seinen Platz an der BVG-Spitze räumen muss, ist nicht nur Vorstandsvorsitzender, sondern auch Vorstand für den Betrieb. Doch für diese Kombination von kaufmännischen und technischen Funktionen wird es kaum Bewerberinnen geben, sagen Kenner der Branche. Darum sei zu erwarten, dass sich keine geeignete Frau findet. Dafür hat Finanzsenator Ulrich Nußbaum (für SPD) nach Informationen der Berliner Zeitung einen "Plan B": Notfalls müsse die Geschäftsführung der BVG von drei auf vier Posten vergrößert werden. Mögliche Kosten: mehr als 300 000 Euro pro Jahr.Die Zielsetzung ist unmissverständlich - und der Senat damit in der Klemme. "Aus frauenpolitischer Sicht wäre es gut, wenn sich für den frei werdenden Posten eine Frau findet, die dafür qualifiziert ist", bekräftigte Ulrike Neumann, die frauenpolitische Sprecherin der Berliner SPD-Fraktion.Die Parteifrauen können sich keine Niederlage mehr leisten, sonst würden sie gegenüber ihren Wählerinnen unglaubwürdig. In den vergangenen Monaten waren sie vom rot-roten Senat zweimal vorgeführt worden - und mussten stets klein beigeben, obwohl die Politikerinnen das Betriebe- und das Landesgleichstellungsgesetz eigentlich auf ihrer Seite haben.Der erste Streit flammte im vergangenen Jahr auf, als der damalige BVG-Aufsichtsratsvorsitzende und Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) Henrik Falk zum Finanzvorstand der Verkehrsbetriebe küren ließ - ohne Ausschreibung. Frauen hatten also keine Chance, sich zu bewerben. Einen zweiten Konflikt gab es im Sommer dieses Jahres, als mit Ulrich Kissing auch der zweite vakant gewordene Vorstandsposten der Investitionsbank Berlin mit einem Mann besetzt wurde - ebenfalls, ohne dass ein transparentes Verfahren vorausgegangen war, wie die SPD-Frauen lautstark bemängelten.Für die Sturmowski-Nachfolge soll es nun aber tatsächlich ein "offenes, transparentes Verfahren" geben, sagte Daniel Abbou, Sprecher von Finanzsenator Ulrich Nußbaum. Der parteilose, von der SPD gekürte Politiker ist Vorsitzender des BVG-Aufsichtsrats. Abbou: "Es wird eine Ausschreibung geben" - Frauen sind eingeladen.Aus dem Umfeld des Senators ist zu hören, dass es ihm am liebsten wäre, wenn sich für den Doppelposten an der BVG-Spitze eine Frau fände. Die Geschäftsführung hätte dann weiter drei Mitglieder, das wäre am günstigsten. Doch der Senator ist Realist genug, um zu wissen, dass die Chance, dieses Ziel zu erreichen, gering ist. Die Zahl der Bewerbungen wird nicht sehr groß sein. Es hat sich bundesweit herumgesprochen, dass es angenehmere Jobs gibt, als Chef der mehr als 12 000 BVGer zu sein.Deshalb der Plan B: Die Posten für den Vorstand Betrieb und den Vorsitzenden werden separat ausgeschrieben - der erste wird mit einem Mann besetzt, für den zweiten wird sich eine Frau finden."Merkwürdig", entgegnete der FDP-Verkehrspolitiker Klaus-Peter von Lüdeke. Einerseits präsentiere sich Nußbaum gern als Sparsenator, andererseits "bläst er den BVG-Vorstand auf". Das sei nicht akzeptabel, so der Abgeordnete.Abbou äußerte sich dazu nicht. Klar sei nur eins: "Der Vertrag mit Herrn Sturmowski wird nicht verlängert." Damit muss der jetzige BVG-Chef spätestens am 31. Oktober 2010 seinen Sessel im Hauptgebäude an der Holzmarktstraße räumen. Dies hatte der BVG-Personalausschuss wie berichtet am 27. Oktober beschlossen. Nußbaum war allerdings der Einzige, der mit Ja votierte - die anderen drei Mitglieder des Gremiums enthielten sich damals der Stimme.------------------------------Atmosphärische StörungenEin stressiger Job ist neu zu vergeben. BVG-Chef zu sein, ist nicht einfach. Der Senat fordert immer bessere Bilanzen, lehnt aber Fahrpreiserhöhungen ab. Auf der anderen Seite trumpft die Gewerkschaft Verdi auf. Sie fordert auch für gut bezahlte langjährig Beschäftigte mehr Lohn.Andreas Sturmowski soll bis Oktober 2010 seinen Posten räumen. Der aus Hessen stammende Diplom-Kaufmann arbeitete bei der Lufthansa, der Treuhand, der Bahn und zuletzt (bis 2005) bei der Intalliance Hannover.Die Weigerung, seinen Vertrag zu verlängern, wird senatsintern mit "atmosphärischen Störungen" begründet.Seine ökonomische Bilanz sieht dagegen nicht schlecht aus. Die Fahrgastzahlen steigen. Für 2009 wird ein Defizit von rund 65 Millionen Euro erwartet, das sind 50 Millionen Euro weniger als erwartet.