Berlin

Wahl zum Abgeordnetenhaus Berlin: Die Linke stellt Spielregeln für Rot-Grün-Rot auf

Berlin - Nach traditioneller politischer Logik müsste sich die Berliner Linke an den Rand gedrängt fühlen. Nacheinander erklärten die Spitzenkandidaten von SPD und Grünen, Michael Müller und Ramona Pop in dieser Woche, dass sie miteinander regieren wollen. Die Linke erwähnten sie dabei kaum, obwohl sie ohne die Sozialisten nur geringe Chancen auf eine Mehrheit fühlen.

Doch tatsächlich wirkt die Linken-Spitze in diesen Tagen entspannt. Nachdem Parteichef Klaus Lederer am Mittwoch ein Sofortprogramm für die Zeit nach der Wahl präsentierte, legte der Fraktionsvorsitzende Udo Wolf am Donnerstag nach: Er schickte Müller und Pop ein Thesenpapier mit dem Titel „Besser regieren heißt auch anders regieren“. Auf sechs Seiten formulieren er und seine Co-Autoren – darunter Ex-Sozialsenatorin Carola Bluhm – Spielregeln für das Regieren in einer Dreierkoalition. „Wir wollen weg von Koch-und-Kellner-Spielen und hin zu einer Politik auf Augenhöhe“, sagte Wolf der Berliner Zeitung.

Eine Koalition aus Gleichstarken

Der Koch hätte in einer rot-grün-roten Koalition auch keine selbstverständliche Autorität. Die SPD liegt in den Umfragen derzeit nur knapp vor den Grünen, diese nur knapp vor der Linken. Eine Mehrheit innerhalb der Koalition hätte darum keiner der Partner, was sie von allen bisherigen deutschen Landesregierungen unterscheiden würde.

Die Konstellation kann im Dauerstreit enden. Muss sie aber nicht, schreiben die Linken in ihrem Papier, das der Berliner Zeitung vorliegt. Eine wichtige Funktion soll dem Koalitionsausschuss aus Senats-, Fraktions- und Parteispitzen zukommen. Derzeit tagt er nur in Krisenfällen, nach Vorstellung von Wolf soll er regelmäßig einberufen werden. Das Gremium soll Konflikte austragen und Leitlinien bestimmen. „Drei Partner müssen sich öfter verständigen, dass sie in dieselbe Richtung gehen“, sagte Wolf.

Um Parteien und Bürger besser einzubinden, soll die Koalition ihre Politik auch anders vorbereiten und Jahresplanungen mit wichtigen Vorhaben erstellen – quasi eine Art dynamischer Koalitionsverträge. Damit soll es möglich werden, dass sich Parteitage und Bürgerforen frühzeitig einbringen. So wie überhaupt die Bürger stärker einbezogen werden sollen. Auf welche Weise genau, steht in dem Papier aber nicht.

Linke hofft auf Michael Müller

Genau so wichtig wie die Regularien sind für Wolf aber die generellen Fragen des Umgangs. Rot-Grün-Rot dürfe nicht in eine Zwei-gegen-Eine-Haltung fallen. „Wir müssen zu einer neuen Form von Offenheit und Kollegialität kommen“, sagt er. Sachfragen dürften nicht für politischen Kuhhandel benutzt werden oder dafür, einen Partner klein zu halten.

Zwei wichtige Inspirationsquellen hatten Wolf und seine Mitschreiber: Ihre Erfahrungen in der rot-roten Koalition, die sie die Hälfte ihrer Wähler kostete. Schuld der SPD, ist man sich einig, denn die habe der Linken keine Erfolge gegönnt. Viele Ideen sind außerdem in Thüringen erprobt, wo Rot-Rot-Grün unter Führung der Linken regiert.

Antwort von Müller und Pop hatte Wolf am Donnerstag noch nicht. Er sei sich auch nicht sicher, ob sich mit dem langgedienten Sozialdemokraten Müller eine neue politische Kultur etablieren lasse. „Aber ich glaube, dass er viel darüber nachdenkt.“ Bald vielleicht ja noch viel mehr.