Body Positivity

Wenn die Jeans nicht mehr passt: Marke stellt Umtausch-Programm in Berlin vor

Während der Berlin Fashion Week präsentierte das Label Sheego eine Kollektion mit „Passt mir“-Garantie. Begleitet wurde das von einem Talk mit Sophia Thiel.

Die ehemalige Fitness-Influencerin Sophia Thiel im Talk über Body Positivity. 
Die ehemalige Fitness-Influencerin Sophia Thiel im Talk über Body Positivity. Sheego

Frauenkörper verändern sich. Dass das völlig normal ist, thematisiert eine neue Kampagne, die das Plus-Size-Label Sheego vergangene Woche pünktlich zur Berliner Fashion Week im Rahmen eines Paneltalks präsentierte. Gemeinsam mit der ehemaligen Fitness-Influencerin Sophia Thiel und den Influencerinnen Anna Kova sowie Julia Kremer spricht Moderatorin Leonie Koch dort über die neue Kollektion, über Body Positivity und Hate auf Social Media.

Wer kennt nicht das Gefühl, auf einmal nicht mehr in die Lieblingsjeans hineinzupassen? Aber sich deshalb verrückt zu machen – das soll nach dem Willen des Frankfurter Modelabels der Vergangenheit angehören. Dementsprechend lautet das Motto der neuen Sheego-Kollektion, die am vergangenen Mittwoch in Berlin präsentiert wurde: „Du passt mir“. Die Marke richtet sich an Frauen ab Größe 40 und zählt zu den bekanntesten Anbietern im Bereich der Plus-Size-Mode.

Um noch deutlicher zu machen, dass die Veränderung des eigenen Körpers völlig normal ist, bietet Sheego jetzt eine „Passt mir“-Garantie an: Kundinnen haben die Möglichkeit, alle Teile der Kollektion innerhalb eines Jahres kostenfrei gegen eine andere Größe umzutauschen. Auf dem Paneltalk mit dem Titel „Die Veränderung und Beurteilung von Frauenkörpern“ betont Sheego-Geschäftsführer Torge Doser vergangene Woche, dass die Kollektion auf die Werte seiner Marke zurückzuführen sei. „Im Fokus steht bei uns, dass wir Kurven lieben, dass wir unsere Kundinnen lieben und Selbstliebe vermitteln möchten“, so Doser.

Body Positivity auf der Fashion Week: Julia Kremer, Anna Kova, Sophia Thiel und Leonie Koch (v. l.)
Body Positivity auf der Fashion Week: Julia Kremer, Anna Kova, Sophia Thiel und Leonie Koch (v. l.)Sheego

Zu den prominenten Gästen der Veranstaltung zählte unter anderem Vera Int-Veen. Der Moderatorin sei es wichtig, das Statement der Kollektion und der Veranstaltung zu unterstützen, sagt sie auf der Bühne. Besonders als junge Frau mit Kurven müsse man lernen, zu sich selbst zu stehen und sich so zu lieben, wie man ist. „Steht zu euch selbst und zeigt, wer ihr seid. Mode kennt keine Grenzen, wenn ein Mensch sich wohlfühlt, kann er anziehen, was er möchte“, so Int-Veen.

Schluss mit Beauty-Standards

Das eigentliche Gespräch eröffnet dann Leonie Koch mit der Frage nach den Beauty-Standards, die nicht zuletzt durch Social Media vermittelt werden. Sophia Thiel, die selbst lange versucht hat, den Schönheitsidealen der Gesellschaft gerecht zu werden und diese auch mit geprägt hat, sagt nun: „Jeder Mensch kommt mit unterschiedlichen physischen Grundvoraussetzungen auf die Welt, weshalb es nicht ein Ideal geben kann. Und so ist es ja auch nicht: Schönheit steckt in Vielfalt.“

Die ehemalige Fitness-Influencerin spricht darüber, wie Kommentare zu ihren persönlichen Gewichtsschwankungen ihre mentale Gesundheit beeinflusst haben: „Viele sehen sofort, wenn sich nur eine Kleinigkeit an deinem Gewicht verändert, und schreiben dir einen Kommentar dazu. Früher dachte ich: Das ist jetzt mein Job geworden, diesen Preis muss ich zahlen.“ Heute aber wehrt sich Thiel gegen solche Kommentare. Social Media halte zwar tolle Möglichkeiten bereit, sich selbst und seine Arbeit zu präsentieren, könne aber auch regelrecht toxisch sein, da ist sich die Runde einig. Gerade, wer ohnehin mit Selbstzweifeln zu kämpfen habe, könne mit den negativen Seiten von Social Media oft schwer umgehen.

Julia Kremer betont, wie wichtig es sei, als Frauen zusammenzuhalten und zu wissen, dass man mit solchen Problemen nicht alleine dasteht. Anna Kova ergänzt, dass Frauen aufhören müssten, sich als Konkurrentinnen anzusehen, und sich stattdessen gegenseitig Halt geben sollten. „Ein Problem ist, dass eine Art Misogynie uns häufig von Anfang an mitgegeben wurde und wir deshalb dazu neigen, uns ständig mit anderen Frauen zu vergleichen, statt zu akzeptieren, dass wir alle auf unsere eigene Art und Weise schön sind“, so Kova.

Support durch passende Kleidung

Der „Passt zu mir“-Tauschservice, den Sheego nun anbietet, gilt für ein Jahr. Die zurückgeschickten Kleidungsstücke wandern aber nicht etwa auf den Müll – über das Projekt „Platz schaffen mit Herz“ der Einzelhandels-Gruppe Otto werden sie in den Materialkreislauf zurückgebracht und wiederverwertet.

Einige Teile der „Passt mir“-Kollektion von Sheego: Der Fokus liegt vor allem auf Denim und Basics.
Einige Teile der „Passt mir“-Kollektion von Sheego: Der Fokus liegt vor allem auf Denim und Basics.Sheego

Oft fehle es an Support durch passende Kleidung, erklärt Torge Doser: „Unsere Kundinnen legen großen Wert auf perfekt sitzende Kleidung – und die zu finden ist besonders im Plus-Size-Bereich gar nicht so leicht.“ Die nun in Berlin vorgestellte 24-teilige Essentials-Kollektion, deren besonderer Fokus auf Denim liegt, soll das ändern. Beim Talk fragt Moderatorin Leonie Koch das Publikum, wer schon einmal Kleidung in seiner Wunschgröße gekauft habe, in der Hoffnung, diese irgendwann zu erreichen. „Du musst nicht in irgendeine Größe passen, um wertvoll zu sein“, sagt Koch, die selbst öffentlich über ihre Erfahrungen mit körperlichen Veränderungen nach der Geburt ihres Kindes spricht.

Zu wenig Plus-Size-Mode auf der Fashion Week

Anna Kova, die als Gesicht der „Passt mir“-Kampagne fungiert, will ohnehin kurvige Frauen stärken. Mit 197.000 Followerinnen und Followern bei Instagram zählt sie zu den reichweitenstärksten Gästen der Runde. Auf ihren Social-Media-Kanälen behandelt sie Themen wie Selbstliebe, „Fatphobia“ und Körperakzeptanz.  Die modeinteressierte Influencerin erklärt, dass, auch wenn es schon wesentliche Fortschritte gebe, immer noch zu wenig Vielfalt auf den Catwalks der Fashion Week zu sehen sei. „Verhältnismäßig erhalten Curvy Frauen noch immer sehr wenig Repräsentation auf den Laufstegen“, so Kova. „Ich hoffe, dass es da in Zukunft noch mehr Empowerment gibt.“